Grünes Konjunkturprogramm: Mit der Wirtschaft auch das Klima retten
Die Ökonomen Nicholas Stern und Ottmar Edenhofer rechnen der G 20 vor, wie sie mit ihren Konjunkturprogrammen auch langfristig der Umwelt nützen. Jeden fünften Dollar sollen sie für grüne Technologie ausgeben und Klima-Sherpas einsetzen
Wer zwei kleine Probleme hat, kann sie nacheinander lösen. Zwei Probleme, die so groß sind wie die Weltwirtschaftskrise und der Klimawandel, müssten aber gleichzeitig gelöst werden. So sieht zumindest der renommierte Klima- und Wirtschaftsexperte Ottmar Edenhofer, Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, die Aufgabe, der sich die in der G 20 zusammengeschlossenen wichtigsten Industrie- und Schwellenländer jetzt stellen müssen. Gemeinsam mit dem britischen Ökonom Nicholas Stern hat er im Auftrag des Bundesaußenministeriums nun untersucht, mit welchen Maßnahmen die G 20 die Wirtschaftskrise überwinden und den Klimawandel begrenzen können. Die Ergebnisse würden "die gleiche Dynamik auslösen wie der Stern-Review", zeigte sich Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) überzeugt, als er am Donnerstag gemeinsam mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Edenhofer den Bericht vorstellte.
Ein mutiger Vergleich, denn immerhin hat Stern in seinem Report vor zwei Jahren der Welt vorgerechnet, dass es ökonomischer ist, in den Klimaschutz zu investieren, als nichts zu tun - und den Ökoskeptikern aus der Wirtschaft damit das Argumentieren schwer gemacht. Doch der auch ökonomische Reiz des Klimaschutzes ist im Lauf des vergangenen Jahres verblasst, räumte auch Gabriel ein. Schließlich stünden bei vielen Staatschefs derzeit andere Themen auf der Agenda. Der jetzt vorgelegte Bericht, dessen Inhalte die Bundesregierung schon beim kommenden G-20-Gipfel weitergeben will, könne dies aber ändern.
Konkret schlagen Edenhofer und Stern vor, 20 Prozent der rund 1,6 Billionen Dollar, die weltweit für Konjunkturprogramme ausgegeben werden, in "grüne Technologien" zu stecken. Dazu zählen kurzfristig unter anderem die Energieeffizienz bei Gebäuden oder die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs, aber auch der Bau von grenzüberschreitenden Kohlendioxid-Pipelines für CO2-Speicherprojekte, die eigentlich noch in der Testphase sind. Mittelfristig sollen in der G 20 Energie- und Forschungsprojekte und ein grenzüberschreitender Emissionshandel eingerichtet werden. Zudem schlagen die Autoren die Benennung von "Energie- und Klima-Sherpas" vor, die die Umsetzung solcher Projekte überwachen. "Das ist eine Diskussion, die wir in London beginnen sollten", sagte Steinmeier. Die Ergebnisse der Studie sollten in die Beratungen des G-20-Gipfels einfließen und seien dem Kanzleramt bereits zugeleitet worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag