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Grüner Abgeordneter über S21"Die Bahn will die Konfrontation"

Mit den Baumaßnahmen will die Bahn die Bürger aufbringen, sagt der Grüne Werner Wölfle. Als Abgeordneter einer Regierungspartei beteiligt er sich trotzdem an Sitzblockaden.

Sitzen bleiben: Polizisten tragen Sitzblockiererin weg. Bild: dapd
Martin Kaul
Interview von Martin Kaul

taz: Herr Wölfle, Ihre Partei stellt in Baden-Württemberg nun die Regierung. Wo positionieren Sie sich zwischen Deutscher Bahn und Sitzblockade?

Werner Wölfle: Ich fahre gern mit der Bahn. Aber um dieses verkehrsbehindernde Projekt zu stoppen, sitze ich lieber mit in der Sitzblockade.

Wie ziemt sich denn das Wegtragenlassen für den Abgeordneten einer Regierungspartei?

privat
Im Interview: 

WERNER WÖLFLE, 57, ist Sozialarbeiter, seit 2006 Abgeordneter der Grünen in Baden-Württemberg, Vorsitzender des Petitionsausschusses und Aktivist gegen Stuttgart 21.

Sitzblockaden sind legitimer Ausdruck des zivilen Ungehorsams. Ich gebe doch nicht meine Bürgerrechte ab, weil ich ein Abgeordnetenmandat habe. Anders wäre es, wenn ich gegen die grüne Landesregierung demonstrieren sollte. Doch die jetzigen Proteste richten sich nicht gegen die Regierung, sondern gegen die Deutsche Bahn.

Das ist der Vertragspartner der grün-roten Landesregierung.

Aber es ist die Bahn, die hier bewusste Konfrontationspolitik betreibt. Die Politik wurde vom Wähler beauftragt, eine Volksabstimmung durchzuführen. Auch um die Situation zu befrieden. Die Bahn will diese Chance bewusst umgehen. Ich dachte eigentlich, die Bahn hätte verstanden, dass das Projekt nicht mit Eskalation durchgesetzt werden kann. Das Unternehmen selbst ist desaströs organisiert - und die Bürger sollen es ausbaden.

Was meinen sie damit?

Die Zahlen zu den vermeintlichen Mehrkosten, mit denen die Bahn den Weiterbau begründet, kann sie nicht belegen. Überdies hat sie keine Genehmigung, das Grundwassermanagement, dessen Infrastruktur sie weiter ausbaut, in Betrieb zu nehmen.

Wer sagt das?

Das sagt das Eisenbahnbundesamt. Und das ergibt das Gutachten einer Berliner Kanzlei im Auftrag des baden-württembergischen Umweltministeriums. Die Bahn wollte in Stuttgart doppelt so viel Grundwasser entnehmen wie geplant und genehmigt war. Das Gutachten stellt eindeutig fest, dass für diese Wassermenge ein neues Planfeststellungsverfahren nötig ist. Das bedeutet: Es kann passieren, dass die Bahn das Grundwassermanagement, an dem sie gerade baut, gar nicht in Betrieb nehmen darf. Obwohl sie das weiß, baut sie stur weiter.

Was macht Ihre Partei dagegen?

Die Landesregierung wird das Gutachten sicher nicht grundlos in Auftrag gegeben haben. Wir arbeiten nun daran, dass die Bahn damit nicht durchkommt und dieses Grundwassermanagement nicht in Betrieb genommen wird. Und wir wollen, das nicht weiter grundlos eskaliert wird.

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8 Kommentare

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  • E
    evalution

    @Robin Wenk Sie sagen:

    "Die Bahn hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht das Projekt so wirtschaftlich wie möglich über die Bühne zu bringen. Sie macht sich sonst strafbar! Die Kosten niedrig zu halten ist im Interesse des Bundes und damit auch des Steuerzahlers!" Nichts anderes wünschen sich die Projektgegner, siehe hierzu: http://www.kopfbahnhof-21.de/index.php?id=317

  • HA
    H. Ament

    @Rapunzelkäfer: Sie erzählen was von Mundwinkeln, die nach unten gehen? Haben Sie sich jemals unsere aktuelle Kanzlerin angeschaut? Bei der kann man die Lefzen sind bald so lang, dass man sie am Boden festtackern könnte. Wer im Glashaus sitzt .....

     

    Dieses ganze Blabla der $21 Befürworter klingt wie von einer hängengebliebenen Schallplatte. Immer die gleiche Leier. Man kann die, selbst wenn man wollte, doch beim besten Willen nicht mehr ernst nehmen. Das Projekt ist töter als tot und Guru Grube versucht noch ein wenig Kohlen und Verantwortliche zu finden.

     

    Gut gemacht und gesprochen Herr Wölfle, weiter so.

  • T
    tamino

    Pflicht der Bahn wäre es vor allem auf unnötige und größenwahnsinnige Projekte zugunsten einer Bahn in der Fläche zu verzichten. Stattdessen versucht nun Herr Grube Wind gegen die Grünen zu machen. Und ganz nebenbei kann man so auch noch die junge grün/rote Regierung in die Zange nehmen. Das kommt doch dem schwarzen Wunschdenken sehr entgegen. Oder!

  • RW
    Robin Wenk

    Obwohl die Bahn das legitime Baurecht hat, lässt sich auf eine Schlichtung ein, ebenso auf einen Stresstest, einen Baustopp bis zu den Wahlen und macht letztendlich sogar einen Kompromissvorschlag für einen Baustopp bis zum Bürgerentscheid. Obwohl sie rechtlich dazu nie gezwungen war!

    Was haben die Gegner denn jeweils angeboten als die Bahn ihnen entgegenkam?

     

    Als die Parteien das letzte Mal über das Projekt abgestimmt hatten, haben die Grünen genauso einstimmig dafür gestimmt wie CDU und SPD.

    Die Bahn nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht das Projekt so wirtschaftlich wie möglich über die Bühne zu bringen. Sie macht sich sonst strafbar! Die Kosten niedrig zu halten ist im Interesse des Bundes und damit auch des Steuerzahlers!

     

    Jetzt von einer „bewussten Konfrontation“ zu sprechen ist eine Farce! Das ist hohles Geplänkel von jemand der weder rechtlich noch argumentativ etwas in der Hand hat!

  • M
    Matze368

    ... auch für die Bahn gelten Gesetze.

    Keine Planfeststellung heißt keine Baugenehmigung...

    Keine Baugenehmigung heißt kein Bau...

     

    ...bei den Bürgern würden die STAATSBEDIENSTETEN die Arbeiter in Handschellen vom Bau holen...

    ...bei der Bahn helfen genau diese RECHTSBRUCH zu begehen.....

     

    BANANENREPUBLIK ohne LEGITIMATION!!!!!!

  • E
    ebse

    Danke an Hr. Wölfle für sein Engagement gegen S21 und die klaren Worte an die bleede Deitsche Baaaahn.

     

    Wir werden das schaffen! Wichtig sind eben auch die öffentlichen Aussagen und Aktionen der intelligenteren PolitikerInnen, wie Hr. Wölfle, z.B..

  • P
    peachi

    Bravo Werner Wölfle, ...immer raus mit den Fakten, die andere so gerne unter den Teppich kehren!

  • R
    Rapunzelkäfer

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    Schaut auf die Mundwinkel der Grünen. Die gehen alle halbmondmässig nach unten. Frustrierte Oberlehrer/innenlippen im besten Alter. Wollen wir von solchen Menschen regiert werden? Freude und Zuversicht soll herrschen. Das Leben ist schön. Auch mit unterirdischem Bahnhof, wenn oben getanzt wird.