Grünen Politiker Zion: "Wir müssen mit den Taliban verhandeln!"
Robert Zion hat sich für den Sonderparteitag engagiert. Er will eine klare Ablehnung des Tornado-Einsatzes.
taz: Herr Zion, die grüne Fraktionschefin Renate Künast sagt, es werde nach Masochismus aussehen, wenn sie auf einem Sonderparteitag über Afghanistan debattiere. Mit Ihren Mitstreitern haben Sie einen solchen Parteitag erzwungen. Sind Sie Sadist?
Robert Zion: Nein, Realist. Wenn man sich in einem schwierigen Konflikt befindet, muss man darüber diskutieren, weil man sonst seiner politischen Verantwortung nicht gerecht wird. Auch und gerade als Oppositionspartei darf man solchen komplizierten Debatten nicht aus dem Weg gehen.
Was möchten Sie auf dem Parteitag erreichen?
Als der Bundestag im März den Tornado-Einsatz beschloss, geschah dies mit der Zustimmung eines großen Teils der grünen Fraktion. Das hat an der Basis Unmut ausgelöst, weil dieses Verhalten dem Parteitagsbeschluss von 2006 widersprach. Darin hieß es: Keine Ausweitung des Bundeswehreinsatzes auf den Süden Afghanistans! Das wollen wir rechtzeitig vor der nächsten Abstimmung im Bundestag bekräftigen.
Manche Grüne sagen, die Ablehnung des Einsatzes im Süden habe sich auf Bodentruppen bezogen.
Ich sehe das nicht so. Aber weil das manche so interpretieren, wollen wir den Beschluss präzisieren und deutlich machen, dass er für alle Waffensysteme gilt, also auch für die Tornados.
Wollen Sie, dass sich die Bundeswehr ganz aus Afghanistan zurückzieht?
Nein. Aber es muss ein grundlegender Strategiewechsel stattfinden - weg von der militärischen Aufstandsbekämpfung, hin zum zivilen Aufbau. Wir müssen mit den Taliban verhandeln, solange sie militärisch noch nicht so stark sind, dass sie nicht zu verhandeln brauchen!
Was bedeutet das für die weitere deutsche Beteiligung an der Isaf-Friedenstruppe?
Das kann ich noch nicht sagen. Wir sammeln bis zum 31. Juli die Beschlüsse der Kreisverbände. Wie wir uns zu Isaf verhalten, hängt natürlich auch davon ab, wie das Bundestagsmandat im Herbst genau formuliert wird.
Bisher hat sich ein Zehntel aller Kreisverbände Ihrem Antrag angeschlossen. Sprechen Sie nur für eine Minderheit?
Nein, ich denke, dass eine Mehrheit der Mitglieder eine Debatte wünscht. Wir müssen die Entwicklung in Afghanistan endlich gründlich aufarbeiten.
INTERVIEW: LUKAS WALLRAFF
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links