: Grüne: Geld für Firmen
Mit öffentlichen Investitionen soll der Mittelstand gefördert werden
DIE VORHABEN: Die Grünen nennen sich neuerdings „moderne Linkspartei“. Das spiegelt sich auch in ihrem Programm, das in vielen Punkten mit den Vorhaben der Linkspartei identisch ist. So wollen auch die Grünen mehr öffentliche Investitionen, die vorrangig mittelständische Unternehmen vor Ort fördern sollen. Den Linken ebenfalls nicht völlig unbekannt: Niedrigverdiener sollen einen Zuschuss zu den Sozialversicherungsbeiträgen erhalten, auch Mindestlöhne sind angedacht, das Arbeitslosengeld II soll generell steigen und im Osten wie im Westen identisch sein. Dabei soll das Partnereinkommen und das Vermögen für die Altersvorsorge nicht mehr so strikt auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden wie bisher. Außerdem wollen die Grünen Wirtschaftsbetriebe für Langzeitarbeitslose einrichten, in denen diese tariflich entlohnt werden. Gefordert wird auch, die Arbeitszeitverkürzung weiter voranzubringen.
Jeder bekommt also etwas. Damit mehr Geld in die Staatskassen fließt, soll unter anderem die Mindestbesteuerung für Unternehmen ausgeweitet werden, wenn sie Körperschaftsteuer zahlen. Sie könnten dann Verluste mit Gewinnen nur noch eingeschränkter verrechnen. Künftig müssen mindestens 50 statt bisher 40 Prozent des Jahresgewinns besteuert werden. Dies trifft vor allem Aktiengesellschaften und GmbHs. Außerdem wollen die Grünen den Spitzensatz in der Einkommensteuer von heute 42 auf künftig 45 Prozent erhöhen. Dabei sollen Unternehmer aber Gewinne, die sie in ihrer Firma belassen, nicht so hoch versteuern müssen. Wie genau der Unterschied zwischen privaten und unternehmerischen Gewinnen gemacht werden soll, wird im Wahlprogramm nicht näher erklärt. Die Grünen sprechen sich außerdem für die Einführung einer Vermögensteuer und eine höhere Erbschaftsteuer aus und votieren für eine Reduzierung des Ehegattensplittings.
DIE AUSWIRKUNGEN: Ein höherer Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer spült natürlich Geld in die Staatskassen – doch dürften vor allem Arbeitnehmer belastet werden. Denn die Mittelständler, die ja auch meist Einkommensteuer zahlen, sollen „verschont“ werden, um Arbeitsplätze zu schaffen. Wie bei den Gewinnen ist aber auch hier bisher unklar, wie zwischen betrieblichen und privaten Spitzeneinkommen unterschieden werden soll. Wenn die Grünen „soziale Wirtschaftsbetriebe“ für Langzeitarbeitslose einrichten wollen, in denen sie tariflich entlohnt werden – so ähnelt dies den alten ABM. Der zweite Arbeitsmarkt würde damit aber wieder sehr viel teurer. Gleichzeitig bleibt weiter offen, was die Arbeitslosen machen sollen, wenn die ABM-Stellen ausgelaufen sind.
Branchenweite Mindestlöhne würden die Wirtschaft möglicherweise stabilisieren, weil dies die Einkommen und damit die Inlandsnachfrage stärken könnte. Allerdings gilt hier die Kritik wie bei der Linkspartei: Mindestlöhne könnten Arbeitsplätze vernichten, weil die Jobs teurer würden. Die Grünen wollen daher Niedriglöhne subventionieren – dies könnte Jobs schaffen, aber bisher haben alle Kombilohnmodelle gezeigt, dass sie sehr teuer sind.
DIE FINANZIERBARKEIT: Die Finanzierung der Vorhaben wird im grünen Wahlprogramm weitgehend offen gelassen, wenn man mal vom höheren Spitzensteuersatz, der erweiterten Mindestbesteuerung und den vagen Vorschlägen zur Vermögensteuer absieht. Der grüne Finanzexperte Oswald Metzger – derzeit ohne politisches Amt und sehr parteikritisch – hat vorgerechnet, dass alle grünen Versprechen zwischen 50 und 70 Milliarden Euro kosten würden – und durch die bisherigen grünen Steuerpläne nur zu zehn Prozent gedeckt seien. Allein die Senkung der Lohnnebenkosten für Geringverdiener koste laut Metzger zwischen 20 und 30 Milliarden Euro. BARBARA DRIBBUSCH