: Große »Kohle« mit Ostkohle?
■ Westberliner Kohlenhändler verkaufen subventionierte Ostkohle/ Senatswirtschaftsverwaltung ist informiert/ Ostkohle mit hohem Schwefelgehalt auf dem Markt in West-Berlin
Berlin. In Berlin hat sich der Kohlehandel für windige Unternehmer möglicherweise zur Goldgrube entwickelt. Es besteht der Verdacht, daß mit subventionierter Ostkohle im Westteil der Stadt Kunden betrogen wurden und Händler sich die Kassen gefüllt haben. Nach Angaben der Senatswirtschaftsverwaltung ist die Justiz über den Vorgang informiert worden. 'Der Tagesspiegel‘ berichtete gestern über einen möglichen Subventionsbetrug mit Briketts.
Der Weg soll denkbar einfach sein: ein Ost- und ein Westhändler arbeiten zusammen oder ein Händler gründet im anderen Teil der Stadt eine Filiale. Im Ostteil war die Kohle hoch subventioniert. Händler brauchten zunächst nur den Bedarf anzumelden, um Geld vom Staat zu erhalten.
Eine stattliche Gewinnspanne wird eingestrichen, wenn die subventionierte Kohle nicht dem Ostkunden, sondern an Westberliner Haushalte zum dort höheren Preis geliefert wurde. Ostbriketts brennen nicht so lange wie Westbrennstoff, im Kachelofen bleibt nicht rötliche, sondern weiße Asche übrig.
In der früheren DDR gab es zwei Kohlequalitäten. Im Cottbuser Revier wurde Kohle mit 0,6 Prozent Schwefelgehalt gefördert, aus dem Revier Leipzig stammt die minderwertige Braunkohle mit drei bis 3,5 Prozent Schwefel. Im Westteil ist der Verbrauch schwefelhaltiger Braunkohle seit Anfang der 80er Jahre verboten.
Der Verkauf Leipziger Kohle sei heute noch denkbar, da die Braunkohleverordnung im Ostteil der Stadt erst ab Anfang Juli in Kraft tritt. Die Wirtschaftsverwaltung geht zur Zeit davon aus, daß der jetzt bekanntgewordene Fall aus dem vergangenen Jahr stammt. Es werde untersucht, ob es weitere Unregelmäßigkeiten gegeben habe und eventuell ein Subventionsbetrug größeren Ausmaßes vorliege. Subventioniert wird die Kohle für Osthaushalte jedoch auch in diesem Jahr. Noch bis Ende April zahlt das Land pro Zentner 18 bis 22 Mark an die Kohlehändler, die subventionierte Braunkohlebriketts für höchstens 4,20 DM pro Zentner verkaufen dürfen. dpa
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