: Großbritanniens Skandalminister Ridley noch im Amt
Berlin (taz) - Der britische Industrie- und Handelsminister Nicholas Ridley, der mit seinen antideutschen Sprüchen in der Wochenzeitschrift 'Spectator‘ Furore gemacht hatte, ist noch im Amt. Von einem Rücktritt, wie er vielerorts verlangt wird, ist nicht die Rede. Im Parlament wies Premierministerin Thatcher derartige Forderungen zurück. Die Äußerungen Ridleys entsprächen weder der Regierungsmeinung noch ihrer eigenen, erklärte sie einem erregten Unterhaus.
Londons Medien- und Politzirkel sind derweil in heller Aufregung. Wie halten es die Engländer denn nun mit den Deutschen? Unbewältigte Kriegserinnerungen, Unbehagen vor der wachsenden Macht der EG sowie ein prononciertes Unsicherheitsgefühl beherrschen die Debatte. „Vielleicht hat der Minister irgendwie recht“, kommentierte gestern der liberale 'Guardian‘. Schließlich sei Deutschland tatsächlich die dominierende Wirtschaftsmacht Europas, und die Briten müßten endlich aufwachen und sich engagieren. „Mr. Ridley, in seiner verquasten, unsympathischen Art, hat der Nation möglicherweise einen Dienst erwiesen.“
Ridleys konservative Parteifreunde sahen die Sache weniger euphorisch. „Man hätte ihn heute früh als Gouverneur auf die Falklandinseln schicken sollen“, schimpfte der in Deutschland geborene Parlamentsabgeordnete Peter Rost. Exminister Goodhart meinte spitz, vielleicht sollte Ridley mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. Doch in etwa einer Woche wird Margaret Thatcher nach Londoner Meinung ihr Kabinett sowieso umbilden, und dies böte vielleicht den eleganteren Lösungsweg.
Für die Premierministerin wird es schwer sein, sich ohne weiteres von ihrem Skandalminister zu distanzieren. Im selben Artikel, der auch das Ridley-Interview enthält, erzählt der 'Spectator‘ von einem Ex-Regierungsberater, der in einem VW zu einem Treffen mit Margaret Thatcher fuhr: „'Was ist denn das für ein ausländischer Wagen‘, grollte sie. 'Ein Volkswagen‘, erwiderte der hilfreiche Mann. 'Du wirst nie wieder so ein Ding hier abstellen'“, soll Maggie ihn zurechtgewiesen haben.
D.J.
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