piwik no script img

■ Großbritannien: Dürfen Flattertiere in Kirchen leben?Der Krieg um die Fledermäuse

London (AP) – Der Krieg um die Fledermäuse – „The battle of the bats“ – bewegt seit einiger Zeit Kirchenleute und Tierschützer in Großbritannien. Dürfen die pelzigen Flattertiere weiterhin in Kirchen leben, oder haben sie im heiligen Dachstuhl nichts zu suchen? Für Catherine Ward, die Frau eines Kirchenmannes auf dem Lande, ist die Frage schon beantwortet. Zwei der fünf Kirchen in Norfolk, für die ihr Mann zuständig ist, werden von Fledermäusen heimgesucht – und Frau Ward ist inzwischen sauer. „Das sind gemeine, kleine Viecher. Sie beißen“, klagt die Gründerin der „Bewegung gegen Fledermäuse in Kirchen“. Außerdem beschmutze Fledermauskot Fußböden, Kirchenbänke, Grabsteine, Gewänder, Gesangs- und Gebetsbücher.

Frau Ward und ihre Gruppe setzen sich deshalb für eine Änderung des 1981 erlassenen Naturschutzgesetzes ein. Es schützt die 15 in Großbritannien lebenden Fledermausarten vor Vertreibung – außer in Wohn- und Schlafzimmern und anderen bewohnten Räumen.

Doch die Fledermäuse haben nicht nur Feinde. Tierschützer arbeiten mit den Behörden an einer Verschärfung des Gesetzes. Im vergangenen Jahr verteilte die Gruppe ein Flugblatt, in dem darauf hingewiesen wurde, daß gerade Kirchen optimale Schlafplätze für Fledermäuse seien. „Es scheint angebracht, daß diese verfolgte und gefährdete Tierart in Kirchen Schutz sucht“, sagte Gillian Sargent vom Fledermaus-Schutzverein.

Frau Ward möchte dagegen, daß das Parlament auch für Kirchen eine Ausnahme macht, wenn es um Fledermäuse geht. „Wenn die Fledermaus-Leute erst einmal wissen, daß man Fledermäuse hat, lassen sie einen nicht mehr aus den Augen, und die Tiere können machen, was sie wollen“, beklagt Frau Ward den Eifer der Tierschützer.

Im Gegensatz zu gängigen Vorstellungen meiden Fledermäuse Kirchtürme, die den kleinen fliegenden Säugern zu zugig und laut sind. Aber sie schlafen gern in Kirchendächern, an alten Balken hängend. Auch in Scheunen, Tunneln, Höhlen und hohlen Bäumen finden sich Fledermaus-Kolonien von 50 bis zu 500 Tieren. Sie ernähren sich von Insekten, fliegen meistens in der Nacht und halten Winterschlaf.

Die Anti-Fledermaus-Kampagne von Frau Ward hat eine lebhafte Debatte in der Church Times, der Wochenzeitschrift der Anglikanischen Kirche, ausgelöst. „Eine Fledermaus hat mich während der Abendandacht nur um 30 Zentimeter verfehlt“, klagte darin der Geistliche Henry Chapman aus Barking, nordöstlich von London. Andere Kirchenmänner sprachen sich für einen „Guerilla- Kampf“ gegen Fledermäuse aus. „Wolken von Weihrauch, die gegen das Kirchengebälk wallen, vertreiben nicht nur den Teufel, sondern auch dieses geflügelte Ungeziefer“, versicherte Reverend Christopher Ardah-Walter aus Holybourne in Hampshire.

Andere Geistliche sehen dagegen die Möglichkeit für die Kirche, zusammen mit Wissenschaftlern an der Erhaltung einer bedrohten Tierart zu arbeiten. „Wir mögen unsere Fledermäuse“, schrieb Reverend Nicholas Beddow aus der Grafschaft Durham. „Sie fressen Insekten im Kirchhof und im Dorf und schützen uns vor Klopfkäfern, die in vielen Kirchen das Gebälk zerstört haben.“

Beddow konnte der Anwesenheit von Fledermäusen im Gottesdienst sogar eine geistliche Dimension abgewinnen. „Das Trommeln der kleinen Füße und Flügel bildet eine hilfreiche und angenehme Baßnote für unseren Gesang“, schrieb er. „Und manchmal kommen sie angeflogen, um noch aktiver an unserem Gottesdiens teilzunehmen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen