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Größter Coffee-Shop vor GerichtIn der Grauzone

In den Niederlanden muss sich der Besitzer des landesweit größten Coffee-Shops vor Gericht verantworten – bei einer Razzia waren 230 Kilo Cannabis gefunden worden, erlaubt sind 500 Gramm.

Grauzonen-Regelung: Coffee-Shops dürfen nur 500 Gramm Cannabis lagern. Bild: Ricardo Liberato - Lizenz: CC-BY-SA

MIDDELBURG afp/taz | Der Besitzer des größten Coffee-Shops in den Niederlanden muss sich seit Dienstag vor Gericht verantworten. Meddy Willemsen ist wegen Drogenhandels und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung angeklagt, weil er deutlich mehr Cannabis in seinen Räumen lagerte statt der staatlich erlaubten 500 Gramm. Im Juni 2007 und im Mai 2008 hatte die Polizei in seinem Coffee-Shop "Checkpoint" und angrenzenden Gebäuden insgesamt 230 Kilogramm Cannabis gefunden.

Der Prozess müsse die Frage klären, ob damit die Grundlagen der staatlichen Toleranzpolitik verletzt worden seien, sagte Staatsanwältin Saskia Meeuwis zum Prozessauftakt im südniederländischen Middelburg. Hanfaktivisten halten dem entgegen, die Duldungsvorschriften seien "in der Praxis Blödsinn".

Im Rahmen des seit mehr als 30 Jahren laufenden Modellversuchs zur Duldung von Cannabis ist es den niederländischen Kommunen erlaubt, Duldungsvorschriften zu erlassen. In den meisten Kommunen darf ein Coffee-Shop bis zu 500 Gramm Cannabis lagern und bis zu fünf Gramm pro Person und Tag verkaufen.

"Für die Praxis sind die Duldungsvorschriften Blödsinn", meint der Hanfaktivist Steffen Geyer. Von 500 Gramm verkauften Cannabis pro Tag könne kein Coffee-Shop seine Miete bezahlen. Im Normalfall sei es deswegen in den Niederlanden so, dass Coffee-Shop-Betreiber mehrmals am Tag Nachschub holen würden – oftmals aus ihren eigenen Wohnungen.

Nachgerechnet: 500 Gramm Cannabis, an jede Person nicht mehr als fünf Gramm – mehr als 100 Kunden pro Tag kann man damit nicht bedienen. Der Coffee-Shop "Checkpoint" in Terneuzen nahe der belgischen Grenze aber hatte täglich zwischen 2000 und 3000 Kunden.

90 Prozent von ihnen seien Belgier und Franzosen gewesen, sagte die Staatsanwältin. Dies bedeute eine klare Verletzung der Idee der Toleranzpolitik, die für die lokalen Bedürfnisse entwickelt worden sei, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft von Middelburg, Elke Kool.

Neben Willemsen sind 16 weitere Verdächtige angeklagt. Ihnen drohen bis zu zehneinhalb Jahre Haft. Das Urteil soll am 2. Dezember gefällt werden.

Seit 1976 ist der Besitz und der Verbrauch von kleinen Mengen Cannabis in den Niederlanden erlaubt. Dessen Herstellung ist nicht genau geregelt, der Besitz großer Mengen ist immer noch kriminalisiert.

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13 Kommentare

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  • W
    weedweed

    also ich kann euch gleich sagen das ihr euch keine

    kuenstliche hoffnungen machen braucht das wird hier

    nie legal und ich hab auch schon aufgehoert mich

    darueber aufzuregen, ob es illegal ist oder nicht

    ich bin voll berufstaetig und somit steuerzahler

    wenn ich kiffen will tue ich das, wie

    staatsanwaelte/politiker die von oeffentlichen

    mitteln ihre rechnungen bezahlen darueber denken

    intressiert mich "eher weniger"

  • D
    Drops

    Seit Balkenende gilt das "deutsche Prinzip" in der holländischen Politik: "wir haben ein Problem? Verbieten wir's!"

    Der Einkauf von Marihuana ist nach wie vor verboten, was bleibt den Betreibern legaler Coffeeshops übrig, als sich illegaler Quellen zu bedienen? In der Gemeinde Eindhoven wurde zwar darüber nachgedacht, Hanf selbst anzubauen, um diesen schizophrenen Zustand zu beenden, aber man fürchtete die Folgen in der EU (Sarkozys Tobsuchtsanfälle oder sowas) und kniff den Schwanz wieder ein. Seit neuestem wird stattdessen in der Grenzregion zu Deutschland diskutiert, folgende Regeln einzuführen: maximal 3g pro Besucher und Tag, das ausschliesslich an angemeldete Kunden aus der eigenen Gemeinde, Bezahlung nur gegen Kreditkarte. So bekommt keiner der bösen Belgier und Deutschen etwas ab, und der Drogentourismus wird verschwinden. Denkt man sich so. Tatsächlich wird er nur verlagert.

    Das war's dann wohl mit der Tolerierung. Welcher Kiffer, der sich noch nicht das letzte Neurönchen seines Hirns weggekifft hat, wird da wohl mitmachen? Man merkt schon heute, dass der deutlich restriktivere Umgang mit Drogen dazu führt, dass sich die Kriminellen die Hände reiben, die sogenannten Runners laufen durch die Strassen der Grenzstädte und passen die Drogen suchenden Besucher ab, um sie weg von den legalen hin zu den eigenen Verkaufsstellen zu lotsen. Die Trennung weicher und harter Drogen ist damit hinfällig, weil man in den illegalen Kaschemmen eben auch deutlich mehr Profit versprechendes bekommt, sprich: Koks z.B.

    Am Ende werden die Verhältnisse in NL sich denen in Deutschland annähern. Vier Prozent User in der Bevölkerung werden dann die Kriminalitätsraten um genau denselben Prozentsatz erhöhen. Und Kriminelle hat man ja nie genug.

    Drogen verbieten, ein wirklich toller Trick, und wie man aus der Geschichte weiss, hat der ja auch schon immer vorzüglich funktioniert.

  • A
    aso

    @ sire:

    Solche Gedankenspiele hätte zur Folge, daß ein Schwarzmarkt in der Nähe der Shops für Ausländer entstünde...worauf die Anwohner sicher gern verzichten würden...

     

    Die Politiker sind in der Tat irre:

    In Zeiten leerer Kassen werden Steuermillionen verschenkt...die woanders wiederum wegen der Kriminalisierung verpulvert werden...

     

    Robert Crumb: Das ganze Universum ist komplett wahnsinnig...

  • P
    Phil

    @Julia

    is mir schon klar. war jetzt auch nicht unbedingt spezifisch auf diesen einen artikel gemünzt, hab eben nur beim überfliegen diese zwei dinger gefunden. das passiert ja nicht nur euch. hab mal in einer knapp 10-zeiligen meldung in der printausgabe (!) der sz sage und schreibe 5 rechtschreib- bzw. grammatikfehler gefunden. war allerdings im sportteil (grins). ich ärgere mich nur immer wahnsinnig, dass mittlerweile scheinbar nicht mehr genug zeit vorhanden ist, artikel ordentlich korrektur zu lesen. ich bin da vielliecht auch etwas zu pingelig, aber bei leuten wie mir, die immer noch wert auf qualitätszeitungen legen und der deutschen rechtschreibung halbwegs mächtig sind (zugegeben hier gerade nicht ;-) leidet darunter auch das ansehen des seriösen journalismus insgesamt. sorry, eigentlich voll am inhaltlichen thema des artikels vorbei, mußt ich hier aber jetzt mal los werden, gerade weil ich taz.de eigentlich ganz gern les.

  • 3G
    372 (Profil gelöscht)

    @Phil

    Danke für deine Anmerkung. Verstehe bitte aber auch, dass wir hier bei taz.de nicht optimal ausgestattet sind und dass so etwas auch mal passieren kann - gerade, wenn man in Eile Agenturmeldungen mit Faktenfehlern bekommt und diese dann noch inhaltlich anfüttern muss (weil die Agenturen das offenbar nicht hinkriegen, drogenpolitisch kompetente Berichterstattung zu liefern)

  • S
    southtexaner

    hallo,

     

    @sire

    wurde schon versucht, scheiterte an der holländischen verfassung (oder das pendant dazu), wäre eine diskriminierung von ausländern, es gab einen prozess in den 90ern dazu, u.a. deswegen wurde dann die 5 gramm grenze eingeführt, damit die niederländischen behörden zumindest ne handhabe gegen die ausländer haben die mehr kaufen ( was meist kein problem darstellt, weil ich kann ja in verschieden shops gehen um mir nen grösseren vorrat zuzulegen, was meistens nichtmal notwendig ist)

    wäre übrigends schön wenn da mal ne neue liberalisierungsdiskusion um das thema entstehen würde, seit wolfgang neskowitschs urteil 1992 (?) ist da nicht mehr viel passiert weder in D noch in Frankreich oder belgien

     

    @atollo

    es gibt keine direkten steuern auf hasch und gras weil der verkauf ist ja illegal und auf illegale produkte darf man keine steuern nehmen . meines wissens nach bezahlen die betreiber ne abgabe der sich nach ihrem kaffeeverbrauch richtet daher auch der namen: kaffeeshop

     

    @alle

    gibt das hanf endlich frei (nicht dulden, erlauben!) , gerne mit steuern und altersbegrenzung!

    southtexaner

  • P
    Phil

    Mensch Leute, redigiert doch mal eure Artikel ordentlich! Das nervt!

     

    "Im Rahmen des seit mehr als 30 Jahre(n) laufenden Modellversuchs..."

     

    "In den meisten Kommunen darf ein Coffee-Shop bis zu 500 Gramm Cannabis lagern und bis zu fünf Gramm pro Person und Tag (zu) verkaufen."

  • O
    olle

    @sire:

     

    >Lösung: Verkauf nur an Einheimische nach >Legitimierung per Ausweis oder Pass, "Belgier >und Franzosen" [sonst noch jemand?] eröffnen >dann eben eigene Coffeshops.

     

    wer da sonst noch hingeht? Vielleicht ein paar Deutsche? :p Und warum gehen Deutsch, Belgier, Franzosen denn nach Holland um Gras zu kaufen? Richtig, weils in unseren Ländern eben illegal ist.

  • F
    Flo

    Weiß jemand wie groß die Gewinnspanne nach Abzug der Einkaufspreise und der Steuern pro Gramm dort ist? Würde mich echt mal intressieren. Achja...und atollos Frage fänd ich auch intressant.

    500g pro Tag scheint mehr auch sehr Mager für einen gut besuchten Coffeeshop. Naja für dt. Verhältnisse käm das einer Revolution gleich^^ :P

  • 3G
    372 (Profil gelöscht)

    Lieber Hajü - ich hab die Meldung bearbeitet, das ist jetzt schon raus. Aber danke für die Anmerkung.

     

    Man sollte das mal den Nachrichtenagenturen sagen.

  • A
    atollo

    was nimmt der hollandische staat an steuern ein,

    durch den tolerierten verkauf von cannabisprodukten???

     

    hat da wer ne zahl??

  • HK
    Hajü K.

    "Die Coffee-Shops werden jedoch oft von kriminellen Gruppen beliefert, die den Anbau und den weiterhin verbotenen Großhandel mit Cannabis kontrollieren." Dazu hat die niederländische Regierung mit ihren Restriktionen gegenüber einem legalen Anbau selbst beigetragen. Es ist immer das Gleiche; der Entliberalisierung und der Verschärfung der Prohibition folgt die Kriminalisierung.

    PS. zur Spamvermeidung sollte ich "Gras" eintippen, sehr witzig!!

  • S
    sire

    Lösung: Verkauf nur an Einheimische nach Legitimierung per Ausweis oder Pass, "Belgier und Franzosen" [sonst noch jemand?] eröffnen dann eben eigene Coffeshops.