Grönland: Merkel erkundet den Klimawandel

Am Gletscher von Sermeq Kujalleq ist der Klimawandel eine Attraktion für Touristen. Jetzt kommt auch noch die deutsche Kanzlerin zu Besuch.

Katastrophentourismus - jetzt auch mit Kanzlerin Merkel. Bild: dpa

STOCKHOLM taz "Aus erster Hand über die Auswirkungen des Klimawandels informieren" wollen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Umweltminister Sigmar Gabriel bei ihrem heute beginnenden zweitägigen Besuch in Grönland. Und ähnlich wie einige US-amerikanische und europäische Politikerinnen und Politiker vor ihnen und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso demnächst lassen sie sich einen Besuch des Sermeq Kujalleq nicht entgehen.

Ein Katastrophentourismus zieht jährlich tausende Besucher zu diesem Gletscher im Westen der Insel. Denn der Sermeq Kujalleq hat ein beeindruckendes Naturschauspiel zu bieten. Er ist der aktivste Gletscher außerhalb der Antarktis. "Aktiv" heißt in diesem Fall, dass er sich Tag für Tag um 20 bis 30 Meter verschiebt und damit jedes Jahr die enorme Menge von 35 Kubikkilometer Eis in den Kangia-Fjord kalbt. Mit etwas Glück können Merkel und Gabriel, die vom dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen begleitet werden, den tosenden Abbruch einer Gletscherkante sehen.

Die wilde Szenerie der Gletscherfront und des sich anschließenden Fjords wurden vor drei Jahren zum UN-Weltnaturerbe erklärt - das durch die Klimaveränderung bedroht ist, wie die Unesco jüngst konstatierte. War der Gletscher etwa bis zum Jahr 2000 relativ stabil, kann seither nämlich ein dramatischer Rückzug der Gletscherfront beobachtet werden. Allein in den letzten drei Jahren waren es zehn Kilometer.

Allerdings sind sich die Experten darüber uneins, ob sich diese Entwicklung fortsetzen oder gar beschleunigen wird. So oder so werden die größten, durch den Klimawandel bedingten Veränderungen woanders stattfinden. Zum einen im Süden Grönlands, wo mit einem Rückgang der Eisdecke gerechnet wird, aber auch im Norden, wo ein Anwachsen des Eises vorhergesagt wird. Dort sollen die winterlichen Temperaturen um sechs bis zehn Grad steigen, zugleich wird in den kommenden hundert Jahren eine Verdoppelung der Niederschlagsmenge für möglich gehalten.

Nicht die Eisbären und Robben, aber die menschlichen Bewohner Grönlands könnten von der Klimaveränderung zunächst profitieren. So rechnet ein dänisches Forschungsinstitut wegen der intensiveren Sonneneinstrahlung im zunehmend eisfreien Meer mit einer wachsenden Menge von Plankton, was den Fischbestand erhöhen würde. Am Land müsse man zwar durch das Tauen der Permafrostböden mit Problemen für die Wohn- und Verkehrsinfrastruktur rechnen. Zugleich eröffneten sich Möglichkeiten für eine Industrialisierung. So verspricht die Wasserkraft der schmelzenden Gletscher eine reichliche und billige Stromproduktion.

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