Grimme-Online-Award: Qualität bekommt ihren Preis
Der Schwerpunkt des Grimme-Online-Awards liegt auf Beratungsangeboten, Online-Videos und Sites mit Nutzerbeteiligung. Blogs sind nicht mehr so gefragt.
Das Adolf-Grimme-Institut vergibt gerne begehrte Trophäen, diesen Mittwoch etwa zum achten Mal den Grimme-Online-Award. Insgesamt 1900 Vorschläge wurden von Nutzern und Betreibern eingereicht, von denen die Bewertungskommission 19 für die Endrunde nominierte. Das Spektrum der Anwärter zeigt vor allem ein ausgewogenes Bild zwischen institutionellen und freien Angeboten, aber auch inhaltliche Aspekte wie Geschichte und Gegenwart halten sich die Waage.
Laut Uwe Kammann, Direktor des Instituts, ist der "Anteil hochwertiger, innovativer und damit auch potenziell preiswürdiger Webseiten konstant geblieben", obwohl es im Vergleich zum Vorjahr ein Drittel mehr Einreichungen gab. Viele der Vorschläge befänden sich "auf einem Level, das vor einigen Jahren noch als auszeichnungswürdig diskutiert worden wäre". Auch und vielleicht gerade weil sich technische und optische Standards vermehrt durchsetzen, lautet das Credo der Kommission: "Das Entdecken qualitativ hochwertiger, innovativer Angebote ist nicht leichter geworden".
Obwohl das Internet primär als ein visuelles Medium gilt, "ist Design und Optik an sich noch kein entscheidendes Kriterium für die Bewertung", sagt Katrin Bernsmann vom Adolf-Grimme-Institut. Ausschlaggebend ist allein die besondere Qualität, die das Angebot aus dem Durchschnitt heraushebt, "ganz gleich ob es sich um eine Einzelperson, ein Unternehmen oder ein Netzwerk handelt".
Ein durchgehender Trend zeichnet sich unter den Nominierten bereits ab: "Besonders spannende Entwicklungen" sind laut der Kommission in den Bereichen Nutzerbeteiligung und Online-Videos zu beobachten. Lediglich ein Bruchteil der "kreativen und technischen Möglichkeiten von Bewegtbild im Netz sind bislang ausgenutzt worden". Kaum verwunderlich, denn noch vor kurzem war es Usern ohne Programmierkenntnisse praktisch unmöglich, multimediale Inhalte zu publizieren - heute stehen einfache Werkzeuge dafür bereit.
Auf der Seite von "Routes&Roots TV" vernetzen sich zum Beispiel Jugendliche aus NRW mit anderen aus Europa und produzieren Beiträge zu einem interkulturellen WebTV-Magazin. Hier greifen Nutzerbeteiligung und Online-Video ineinander. Doch nicht nur Seiten mit "user generated content"-Videos", auch Videoangebote seitens der Öffentlich-Rechtlichen gehören zum Kreis der Anwärter. Die Mediathek des ZDF, von der Kommission als die "Messlatte" für Abrufangebote von Fernsehprogrammen bezeichnet, ist mit dabei, ebenso wie die nachnominierte "WDR Mediathek regional".
Einige Portale widmen sich gezielt dem Thema Zeitgeschichte, so haben sich etwa Berliner Jugendliche im Rahmen eines Projekts mit Zeitzeugen des NS-Regimes getroffen und ihre Interviews auf der Seite "zeitzeugengeschichte.de" gesammelt. Auch das Angebot "einestages" von Spiegel-Online setzt einen ähnlichen, aber erweiterten Fokus, denn hier werden die Leser aufgefordert, ihre Erinnerungen als Text-, Ton-, Bild- oder Videodokument einzureichen. Für die Kommission zeigt sich an diesen beiden Angeboten, wie "sich das Internet als Medium der Erinnerung eignet".
Auch verschiedene Aufklärungs- und Beratungsangebote sind unter den Nominierungen zu finden. So bietet etwa der ZEIT-Webblog "Störungsmelder" ein Forum gegen Rechtsextremismus, während auf "graumarktinfo.de" vor schwarzen Schafen auf dem Kapitalmarkt gewarnt wird. Auffällig ist, dass unter den Nominierten nur zwei Ausgaben klassische Weblogs sind. Der Grund dafür liegt laut der Kommission auf der Hand, denn "die Entwicklungen im Bereich Online-Video stellen Weblogs derzeit in den Schatten".
Trotz der kreativen Möglichkeiten wurde auch ein klares Defizit im Netz geortet: Die Zahl hochwertiger Angebote für Kinder ist kaum gewachsen. Gegenbeispiele dafür sind aber Nominierungen wie "kids-hotline", einem Angebot wo sich Kinder Rat in Sachen Familie, Freundschaft oder Schule holen können, und ein Online-Kinderreiseführer. Dort wechselt die jüngste Generation sogar auf die aktive Seite der Webnutzer und beschreibt auf einer virtuellen Karte ihre Heimatstädte.
Insgesamt hat die Jury des Grimme-Online-Award acht mögliche Preise zu vergeben, die sich auf die vier Kategorien "Information", "Wissen und Bildung", "Kultur und "Unterhaltung" und "Spezial" verteilen. Im Schnitt sind pro Kategorie fünf Angebote nominiert. Die Verleihungsgala in Köln findet im Rahmen des NRW Medienforums statt und wird moderiert von Katrin Bauerfeind. Sie erhielt 2006 selbst einen Award für das Web-Magazin "Ehrensenf".
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