Griechenlands Steuersünder: Offene Rechnungen öffentlich im Netz
Die griechische Regierung veröffentlicht im Netz eine Liste mit den größten Steuerschuldnern. Es geht um 15 Milliarden Euro. Von dem Geld bekommt der Staat aber bestenfalls einen Teil.
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ATHEN dpa/dapd | Die Griechen können seit Sonntagabend im Internet nachlesen, wer dem griechischen Staat große Summen schuldet und damit zum Teil für die Wirtschaftsmisere im Lande mit verantwortlich ist. Die Regierung veröffentlichte eine 170 Seiten lange Liste mit den Steuersündern. Sie schulden dem griechischen Staat insgesamt knapp 15 Milliarden Euro.
Auf der Liste, die der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos als "Liste der Schande" bezeichnet hatte, stehen 4152 Namen. Darunter seien auch Sänger, Unternehmer und Händler, berichtete das Staatsfernsehen. Viele der Schuldner seien aber bereits im Gefängnis oder ihre Betriebe seien pleitegegangen.
Experten, die die Nachrichtenagentur dpa befragte, gingen davon aus, dass dar Staat "im besten Fall ein Fünftel dieser Schulden kassieren könnte". Die Regierung hatte den Schuldnern am 14. November 2011 eine zehntägige Frist gesetzt, ihre Steuerschulden zu begleichen. Die Veröffentlichung der Namen zog sich dann aber hin, weil die Datenschutzbehörde nicht sofort grünes Licht gegeben hatte, hieß es aus Kreisen des Finanzministeriums.
Die Regierung unter Ministerpräsident Lucas Papademos zeigt sich entschlossen, hart gegen Steuersünder vorzugehen. In den vergangenen zwei Monaten nahmen Steuerfahnder und die Polizei rund 90 Unternehmer fest, die dem Staat große Summen schulden. Darunter sind einer der bekanntesten griechischen Industriellen und der Besitzer einer Fitnessstudio-Kette.
Die Liste wurde unmittelbar vor einem Treffen der Finanzminister der Eurogruppe am Montag veröffentlicht. Neben der Einigung Athens mit den Banken über einen Schuldenschnitt von 50 Prozent muss ein neues Rettungsprogramm für die Hellenen aufgestellt werden. Verhandeln muss der Athener Ressortchef Evangelos Venizelos nun mit seinen Kollegen über die neuen Konditionen, die sein Land für die zugesagten 130 Milliarden Euro zusätzlicher Hilfe erfüllen müssen.
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