Griechen in Deutschland: „Die betreiben keine Fabriken“
Die griechische Community in Deutschland kann Migranten nur begrenzt helfen, sagt Kostas Papanastasiou. Dafür fehlt schlicht das Vermögen.
taz: Herr Papanastasiou, viele junge Griechen flüchten vor der Krise in ihrem Land nach Berlin. Kommen sie auch zu Ihnen?
Kostas Papanastasiou: Jeden Tag rufen drei, vier Leute bei mir an. Sie gehen von Restaurant zu Restaurant, ob es nun Aphrodite oder Akropolis heißt, und fragen, ob sie in der Küche spülen dürfen. Manche vermittle ich an Kollegen weiter. Aber ich kann natürlich nicht allen helfen, und das macht mich traurig.
Was können die Griechen, die schon lange hier in Deutschland leben, für die Neueinwanderer tun?
Die griechisch-orthodoxe Kirche, die griechische Botschaft oder die griechischen Vereine hier können da nur sehr begrenzt etwas tun. Was sollen sie auch machen? Die Griechen, die hier sind, betreiben kleine Restaurants und ähnliche Gewerbe, keine Fabriken. Und sogar die griechischen Restaurants leiden teilweise unter dem schlechten Bild, das manche Medien in Deutschland von Griechenland zeichnen.
Sie gehörten zur ersten Generation griechischer Emigranten, jetzt gibt es eine neue Welle. Wiederholt sich die Geschichte?
Die jungen Griechen, die heute kommen, sind besser ausgebildet. Aber sie sind dieses harte Leben nicht gewohnt – dass es einen Tag lang nichts zu essen gibt oder dass sie sich zu fünft ein Zimmer teilen müssen.
Wie empfinden Sie die Haltung der Bundesrepublik gegenüber Griechenland?
Kostas Papanastasiou, 75, bekannt als Lindenstraßenwirt „Sarikakis“, betreibt in Berlin das griechische 68er Lokal „Terzo Mondo“. Am 4. Oktober erhält er das Bundesverdienstkreuz.
Als ich von der hohen Selbstmordrate in Griechenland erzählte, sagte mir ein alter Bekannter, ich solle nicht so sentimental sein. Viele Leute vergessen offenbar, dass es eine Zeit gab, in der Deutschland auf dem Bauch lag. Wie man Griechenlands Problemen heute begegnet, ist leider ganz anders, als wie Deutschlands Probleme nach dem Krieg gelöst wurden.
Es fehlt Ihnen an Solidarität?
Die Griechen von heute wissen genau, wie ihr Land einst gegen die Nazis gekämpft und welche Opfer es gebracht hat. Trotzdem hat Griechenland nie Reparationszahlungen von Deutschland verlangt. Im Gegenteil: Griechenland war das erste europäische Land, das ein deutscher Bundespräsident besuchte. Und 1952 wurde in Athen das erste Goethe-Institut eröffnet. Warum ist es da jetzt so schwer, einem kleinen Land wie Griechenland zu helfen, von dem es es heißt, dass es nur 2 Prozent der europäischen Wirtschaft ausmacht?
Sie haben früher humanitäre Hilfe für Georgien organisiert. Sind Sie auch für Griechenland schon aktiv geworden?
Ich habe Ende August dieses Jahres 20 Prozent meiner Einnahmen einem Altersheim und einer Suppenküche in meiner Heimatstadt Karditsa gespendet. Die Zahl solcher Küchen hat in Griechenland rapide zugenommen. Am 4. Oktober, wenn ich das Bundesverdienstkreuz erhalte, werde ich diese Aktion wiederholen.
Das ist wenig mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, oder?
Natürlich. Ich bin deshalb mit der griechischen Sektion der Organisation Ärzte der Welt in Kontakt. Sie unterhalten Polikliniken, in denen sie arme Patienten kostenlos und ehrenamtlich behandeln. Wir halten jetzt jeden Mittwoch im Terzo Mondo einen runden Tisch ab und überlegen uns, wie wir ihnen langfristig und nachhaltig helfen können.
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