piwik no script img

Greta Garbo

■ Die Göttliche hat das Zeitliche gesegnet

Ein Bild aus The Kiss von Jacques Feyder (1929), dem letzten aufwendig produzierten Stummfilm der MGM: Sommermorgen. Nach der Höhe des Lichteinfalls ist es vielleicht neun Uhr. Greta Garbo ist gerade aufgestanden. Sie setzt sich vor ihren Toilettentisch - das Sonnenlicht kommt von schräg hinten und wird von Jalousien gefiltert. Das Schwarzweiß ist körnig und schimmernd. Greta Garbo blickt in den Spiegel und lächelt sich flüchtig an - ein Bild des Glücks, hinreißend natürlich auch, weil man in Garbo-Filmen immer wußte, wie gefährdet das Glück ist.

Es ist eine Sache der Komposition. Greta Garbos gelöstes Haar in der Morgensonne, ihr Gesicht im Spiegel, mit der hohen Stirn - Kracauer berichtet, daß Garbos Haaransatz eigens ausrasiert wurde, um die Wirkung dieser Stirn noch zu verstärken -, die Richtung des Lichts, das Arrangement der Spiegel, die Diagonale des Kamerablicks: So wird die Leinwand in die Dreidimensionalität aufgehoben. Die Garbo ist darin nicht eine Schauspielerin, sondern, im emphatischen Sinn, eine Erscheinung, ein Star eben, von innen heraus leuchtend, und der Zuschauer ist ergriffen, ihm so nahesein zu dürfen.

Greta Garbo, die eigentlich Gustafson hieß, wurde am 18. September 1905 in Stockholm geboren. Sie stammte aus einer Arbeiterfamilie und arbeitete als Verkäuferin im Warenhaus, bis sie von dem schwedischen Filmpionier Mauritz Stiller entdeckt wurde. Stiller drehte mit ihr zunächst in seiner Heimat und ging dann nach Berlin, wo er mit ihr eine Rolle in Georg Wilhelm Papsts Die freudlose Gasse (1925) einstudierte. Anschließend zog das Paar nach Hollywood, wo der Filmmogul Louis B. Mayer sie rasch zu einem der führenden Hollywoodstars aufbaute. Ihre größten Triumphe feierte Greta Garbo in den dreißiger Jahren. Dazu zählen: Mata Hari (1932), Anna Karenina (1935) und Die Kameliendame (1936). Seit 1941 stand die Garbo nicht mehr vor der Kamera. Der Film Die Frau mit den zwei Gesichtern (1941) hatte nicht mehr den erwarteten Erfolg.

Seitdem verbarg sie sich mit Sonnenbrille und Wotanshut vor den Fotografen. 1951 nahm sie die amerikanische Staatsbürgerschaft an, 1954 bekam sie einen Ehren-Oscar. Film-, Foto- oder Interview-Angebote schlug sie aus. Die Gagen aus der großen Zeit hatte sie gewinnbringend angelegt und lebte bis Ostersonntag nachmittag 1990 von den Zinsen. Gestorben ist sie in einem New Yorker Krankenhaus, die Todesursache ist nicht bekannt. Am Freitag soll sie im engsten Familienkreise beerdigt werden. Ihren berühmtesten Satz sprach sie in Grand Hotel (1932): „Ich will allein sein.“

Thierry Chervel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen