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Greenpeace-Geschäftsführer Leipold"Die Lage in China verschlechtert sich"

Greenpeace-Geschäftsführer Leipold kritisiert einen fehlenden einheitlichen Umweltkurs der KP. Es gebe nur punktuelle Verbesserungen wie in der Modellstadt Nantong.

"Eine kapitalistisch-kommunistische Hölle": Taxis in Peking Bild: dpa

taz: Herr Leipold, wie ernst nehmen Sie die neue Umweltpolitik der KP Chinas?

Gerd Leipold: Ich sehe noch keine einheitliche Parteilinie. Aber diejenigen, die sich in der Partei intensiv mit Umweltfragen beschäftigen, nehmen ihre Aufgabe sehr ernst. Und es scheint, sie gewinnen an Einfluss.

Bild: dpa

Gerd Leipold, 56, arbeitete bis 1998 für Greenpeace Deutschland. Heute ist er Geschäftsführer von Greenpeace International.

Mit Erfolg?

Ja, zum Beispiel bei der Entwicklung erneuerbarer Energien. Das neue Energieeinspeisungsgesetz war im Ansatz gut, wurde dann allerdings durch die staatlichen Energiekonzerne stark abgeschwächt. Hier stießen unterschiedliche Interessen innerhalb der KP aufeinander. Gut ist in China inzwischen der Waldschutz - wenns um den eigenen Wald geht. Dafür wächst der Holzimport aus anderen Ländern.

Die KP verspricht ihren Bürgern saubere Luft und sauberes Wasser. Eine neue kommunistische Utopie?

Die gegenwärtige Situation ist eine kapitalistisch-kommunistische Hölle. Sauberes Wasser und saubere Luft sind eine Überlebensfrage. Doch im Moment gibt es nur punktuelle Verbesserungen wie etwa in der Modellstadt Nantong. Insgesamt verschlechtert sich die Lage in China weiter.

KP-Chef Hu Jintao will jetzt auf dem Parteitag die Nachhaltigkeit zum Programm erheben. Alles nur Augenwischerei?

Die Diskussion ist gut für China. Ohne den Willen zur Nachhaltigkeit frisst die Umweltzerstörung den Wirtschaftserfolg auf. Das weiß auch die KP-Führung. Wie man aber schon bei uns sieht, ist die Rhetorik der Nachhaltigkeit kein Grund, sie auch umzusetzen. Wir müssen uns immer wieder klarmachen, dass wir da mit den Chinesen in einem Boot sitzen. Die Intensität unserer Handelsbeziehungen mit China bedeutet, dass wir nicht nachhaltig sein können, solange China nicht nachhaltig ist.

Kann China mit einer Einparteiendiktatur überhaupt nachhaltig wirtschaften?

Wenn ich das diktatorische China mit dem demokratischen Indien vergleiche, traue ich mich nicht zu sagen: Die Inder bekommen das besser hin. Da besteht eine interessante Systemkonkurrenz. Allgemein gilt: Ohne Mitbeteiligung und Mitverantwortung kann es keine nachhaltige Gesellschaft geben. Nachhaltigkeit von oben allein gibt es nicht, Nachhaltigkeit und Demokratie sind natürliche Partner.

Die KP glaubt, in einer von oben, aber "harmonisch" regierten Gesellschaft auf die Mitverantwortung der Bürger setzen zu können.

Man sollte die wiederentdeckten, konfuzianischen Ideale der KP respektieren. Doch in der Realität befinden wir uns in einem Kriegszustand zwischen Natur und menschlicher Ökonomie und sind von einer harmonischen Gesellschaft weit entfernt.

INTERVIEW: GEORG BLUME

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