: Grapo - die einsamen spanischen Kämpfer
Kaum Proteste nach dem Tod eines Grapo-Gefangenen im Hungerstreik / Regierung in Madrid bleibt völlig unflexibel ■ P O R T R A I T
Aus Madrid Antje Bauer
Ausgesprochen energische Proteste waren es nicht, die der Tod von Jose Manuel Sevillano am vergangenen Freitag auslöste. Nach 177 Tagen Hungerstreik war der gefangene Angehörige der spanischen Untergrundgruppe „Grapo“ („Antifaschistische Widerstandsgruppen des 1. Oktober“) an Herzstillstand gestorben. Der 30jährige wog weniger als 40 Kilo. Im Baskenland protestierten einige Hundert Demonstranten - in Madrid einige Dutzend Jugendliche.
Justizminister Enrique Mugica versicherte, daß die Politik der Verteilung der Gefangenen auf möglichst viele Gefängnisse ungeachtet des Toten fortgeführt werde.
Zur Zeit befinden sich noch 38 Grapo-Gefangene im Hungerstreik, elf davon in sehr schlechtem Gesundheitszustand. Das magere öffentliche Echo auf den Tod von Sevillano ist zur charakteristischen Begleiterscheinung der Grapo-Geschichte geworden. 1975 war die Organisation erstmalig mit Anschlägen in Madrid in Erscheinung getreten. Sie gilt als der bewaffnete Arm der PCE(r), der Kommunistischen Partei Spaniens (Wiederaufbau), doch aufgrund des Mangels an Mitgliedern (sie werden auf etwa 200 geschätzt) ist eine quasi automatische Doppelmitgliedschaft in Grapo und PCE(r) wahrscheinlich.
Mehrfach gaben Polizei und Justiz die endgültige Auflösung der Grapo bekannt, zuletzt 1985, als 18 angebliche Mitglieder der Organisation festgenommen wurden. Doch die Totgesagten tauchten immer wieder auf und bewiesen mit Attentaten, vor allem auf Zivilgardisten, aber auch auf Industrielle, die die „Revolutionssteuer“ nicht bezahlen wollten, ihr Fortbestehen. Mehr als 50 Todesopfer hat die Gruppe zu verbuchen, das letzte war der Arzt Jose Ramon Munoz, der vor einigen Wochen erschossen wurde, weil er die Zwangsernährung der Hungerstreikenden forciert hatte. Die Grapo vertritt die Ansicht, daß der faschistische Polizeistaat, der in Spanien herrsche, nur durch Gewalt zu bekämpfen ist. Vitorino Dieguez, ehemaliges Grapo-Mitglied, der im vergangenen Januar aus dem Knast entlassen wurde, erklärte gegenüber der taz, es gebe auch Untergrundzellen in Fabriken, die dort Propaganda betrieben. Von der ETA unterscheidet sich die Grapo in der Frage des Nationalismus, den sie als kleinbürgerlich definiert. Ein Großteil der Grapo-Mitglieder war früher Mitglied in der Kommunistischen Partei (PCE).
Mitglieder der sozialistischen Regierung PSOE sowie der konservativen Oppositionspartei PP betonten am Wochenende, Sevillano habe seinen Tod selbst zu verantworten. Nur der PCE kritisierte die harte Verweigerung seitens der Justiz, die Gefangenen wieder zusammenzulegen. Unterdessen bereitet sich die spanische Polizei auf einen Racheanschlag der Gruppe vor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen