Glotze für SoldatInnen: Sender zu verkaufen
Baller, Mann! Bislang können nur Armeeangehörige den Nischensender Bundeswehr-TV empfangen. Jetzt wird der Kanal voraussichtlich verkauft und damit für alle zugänglich.
"Immer paarweise steigen die CH 53 in den Himmel auf. Das garantiert gegenseitigen Schutz. Doch auch an ihren Fenstern stehen zwei Männer, den Wind im Gesicht, den Finger immer am Abzug und die Umgebung immer im Auge. Hinten auf der offenen Klappe sichert der Dritte." Der CH 53 ist ein Transporthubschrauber, den die Bundeswehr in Afghanistan im Einsatz hat. Und der kleine Film "Doorgunner über Afghanistan" ein Refenzprodukt des Armee-eigenen Senders bwtv auf der Bundeswehr-Homepage. Den Sender wirklich empfangen können nur Bundeswehrangehörige im Auslandseinsatz und eine Handvoll Vorgesetzter in Deutschland.
Bwtv sitzt in St. Augustin bei Bonn, wo Angehöriger aller Waffengattungen und professionelle TV-Macher in der Redaktion arbeiten - noch. Denn vielleicht wird das Truppenprogramm bald von ganz Anderen gemacht: Im Rahmen einer laufenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wird aktuell geprüft, ob auch eine Quasi-Privatisierung von bwtv in Frage kommt: Das Bundeswehr-TV prüft die Kooperation mit privaten Fernsehmachern. Seit dem Wochenende stehen daher auf der Homepage der Bundeswehr-eigenen "Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb mbh" (gebb) die Unterlagen für den "Teilnahmewettbewerb zum Interessenbekundungsverfahren" zum Abruf bereit.
Zielgruppe von bwtv sind laut diesen Unterlagen "die Angehörigen der Einsatzkontingente der Bundeswehr im Rahmen der Truppeninformation und der Betreuung - ungeachtet der geografischen Lage ihrer Einsatzgebiete." Dies umfasse "bildungsunabhängig Mannschaften, Unteroffiziere, Offiziere und Angehörige der Wehrverwaltung des gesamten Altersspektrums, wobei der anzahlmäßige Schwerpunkt in der Altersgruppe unter 30 Jahre liegt. Ferner muss für Einsatzführung bzw. Fachaufsicht in Deutschland ebenfalls die Empfangsmöglichkeit gewährleistet werden."
Menschen unter 30 - ein klarer Fall für ARD und ZDF auf der Suche nach der jungen Zielgruppe? Leider nein, dort winkt man mit Verweis auf den öffentlich-rechtlichen Programmauftrag ab. Ziel der möglichen Ausschreibung sind so eher TV-Produktions-Firmen oder kleinere private TV-Anbieter.
Das Bundesverteidigungsministerium weist allerdings darauf hin, dass die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung in Sachen bwtv erst im Frühjahr 2009 abgeschlossen sein werde: "Das sind alles ungelegte Eier", so ein Sprecher. Es sei auch nicht zwingend, dass der Sender auf externe Dienstleister zurückgreife.
Doch wer würde den Job übernehmen? Der Sender, den die Linkspartei verdächtigt, für eine "militärisch gelenkte Öffentlichkeit" sorgen zu sollen, kommt nämlich nicht eben gut an. Nach einer Medienanalyse vom Sommer haben zwei Drittel der SoldatInnen das seit 2002 sendende, zwischen 6 und 9 Millionen Euro pro Jahr kostende Programm noch nie gesehen. Obwohl hier sogar die Bundesliga live übertragen wird - schließlich ist auch Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) bekennender Fußballfan.
Doch allzu viel Programm ist gut abgehangen - in der Sendungsübersicht als "bwtv classix" getarnt. Dazu kommen eigene Magazine und Nachrichtenprogramme: "Um 9.00 Uhr feuern wir die ersten Live-Kurznachrichten ab", hieß es gestern militärisch korrekt in St. Augustin. Da war der Spielfilm "A History of Violence" schon gelaufen.
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