■ Glosse: Bahn frei dem Bikesuit
In der Morgendämmerung steht er (selten: sie) auf, von einer starken inneren Kraft angetrieben. Geschwind zieht er das enge Mikroklimahemd an, darüber das Absorptionstrikot, schlüpft in die Elastikhose mit Sitzpolster. Zapp, die Klettverschlüsse der Spezialschuhe zu, und dann das Prunkstück: der metallicglänzende Helm, Typ „Fire Rocket“. Mit gelgefüllten Handschuhen wird das Outfit komplettiert, und er kann sich seinem ein und alles nähern: dem MTB (Insiderkürzel für Mountainbike).
Ab geht es über Sand und Steine, Matsch und Gestrüpp. Ein ganz besonderer Kerl, dieser Prototyp der MTB-Werbung. Und er weiß, was er seinem noblen Fahrgestell schuldig ist. Von der Riffelsohle (für optimale Schuh-Pedal-Bindung) seiner Radfahrschuhe mit Look-Platten bis zur Wölbung des Designer-Kopfschutzes leuchtet er Ton in Ton mit den Neonfarben seines Bikes. Das signalisiert Dynamik! Originalität! Draufgängertum!
Schließlich heißt sein Drahtschlitten zu deutsch Falke und Schlammfuchs. Oder Feuervogel. Auf dessen Schwingen frönt der Held seinem grenzenlosen Freiheitsdrang, gibt sich dem Rausch der muskelerzeugten Geschwindigkeit hin. Natürlich nicht in ausgebeulten Jogginghosen, sondern im teuren „Bikesuit“ oder Raubkatzen- „Bikepants“ und farblich passender Bike-Sportbrille mit Belüftung. Damit ahnungslose Laien schneller schalten, wenn sich ihnen der gelbe Neonblitz nähert: Bahn frei! Gudrun Reuschel
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