Glauben: Die Novizin
Barbara Roßmadl hat sich den Steyler Missionarinnen angeschlossen. Im Gebet erfährt sie eine innige Gottesliebe
Noch bis September 2009 ist Barbara Roßmadl Novizin, dann wird sie die ersten Gelübde ablegen - für ein Jahr. "Erste Profess" heißt diese klösterliche Einsegnung. Armut, Gehorsam, ehelose Keuschheit wird sie dabei versprechen. Die befristeten Gelübde lassen sich verlängern. Erst nach sechs Jahren bindet sie sich für immer an die Gemeinschaft der Steyler Missionarinnen.
Im Noviziat lernt Schwester Barbara das Ordensleben kennen und macht eine Lehre im Glauben. Für die Steyler Missionarinnen hat sie sich entschieden, weil dieser Orden "so manch alten Zopf abschneidet", wie sie sagt. Die Gemeinschaft ist demokratisch organisiert. Die Schwestern dürfen ihren Taufnamen behalten. Und jede entscheidet selbst, ob sie die Tracht trägt oder nicht. "Das kam mir entgegen. Ich bin kein Rocktyp." Auch mit den Medien hat die Steyler Mission kein Problem. Im Gegenteil - wenn der katholische Orden missioniert, dann vielfach mit seinen Publikationen, Filmen und der Webseite. Da wird die Botschaft Gottes unter die Leute gebracht.
In den 44 Ländern, in denen die Steyler Mission Häuser hat, ist der Missionierungsgedanke stark mit dem Solidaritätsgedanken verbunden. "Wir unterstützen die Hilfe zur Selbsthilfe", sagt Schwester Barbara. Dort wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden, sind die Steyler Missionarinnen aktiv. "Im besten Fall machen wir durch unser Wirken neugierig auf Gott." Wir, das sind 3.500 Ordensfrauen weltweit.
In Deutschland arbeiten die Steyler Schwestern mit Arbeitslosen, Obdachlosen, Alten, Kranken und in der Gemeindearbeit. Die drei Leitworte ihres Wirkens: "Gerechtigkeit, Frieden, Schöpfung", zählt Schwester Barbara auf. "GFS" ist ihre Eselsbrücke.
Zum Noviziat, das Schwester Barbara in einem Dorf in Südbaden macht, gehört ein Praktikum. Die Noviziatsleiterin fand, Großstadt sei angesagt. Deshalb lebt Schwester Barbara jetzt in Berlin und arbeitet, da gelernte Erzieherin, in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung mit psychisch kranken jungen Menschen. Darunter sind suchtkranke Jugendliche mit Psychosen. Keine leichte Arbeit, manche der Jugendlichen finden nur schwer aus ihrem Wahn heraus.
Der Weg zu Gott
In der religiösen Wohngemeinschaft in der Torstraße, wo Roßmadl nun wohnt, leben fünf Schwestern. Nur eine, sie kommt aus Indonesien, trägt Tracht. Die Zimmer sind aufgeräumt. Es sieht aus, als wären alle hier nur zu Gast. Ein kleiner Raum wird als Kapelle genutzt. Dort treffen sich die Schwestern morgens und abends zum Beten.
In Jeans, rotem Rollkragenpullover und kurzem Haar sitzt die 31-Jährige auf der gemusterten Couch in der Wohnung und redet über ihren Weg zu Gott. Aufgeregt rutscht sie auf dem Sofa hin und her. Sie weiß, wer so offen über seine Entscheidung für eine Ordensgemeinschaft spricht, macht sich verletzlich. Denn Zweifel und Verzicht kommen in ihrem Bericht vor. "Zweifel muss es immer geben. Wer nicht zweifelt, bleibt stehen", sagt sie. "Gerade so, als bräche man einen Marathon ab."
Seit sechs Jahren setzt sich Schwester Barbara mit der Frage auseinander, ob sie Ordensfrau werden soll. Dies, obwohl sie sich früher vor allem als Mutter sah. "Ich wollte unbedingt Kinder. Am liebsten eine halbe Fußballmannschaft." Partner, Geliebte, mögliche Väter gab es in ihrem Leben vor dem Kloster auch. "Nicht direkt wild bin ich gewesen", sagt sie, "aber offen für Schabernack." Reiten, Tennis, Felsklettern, Tanzen, sie kennt das alles. "Ich weiß, wogegen ich mich entscheide." Manche ihrer Freunde waren schockiert, dass sie den Schritt ins Kloster wirklich macht. Lustfeindlich sei das Leben dort allerdings nicht. Zwar war Schwester Barbara zuletzt vor zwei Jahren in der Disco. "Aber wenn Ordensfrauen zusammenkommen, werden schon mal die Tische beiseite gestellt."
Barbara Roßmadl stammt aus einem religiösen Haus in Bayern. Erfahrungen, die sie als "inneres Ergriffensein" beschreibt, kannte sie schon früher. "In schwierigen Situationen habe ich eine Kraft gespürt, die mich führte. Weil ich im Glauben aufgewachsen bin, konnte ich sagen, dass es Gottes Liebe ist, die mich leitet." Schwierige Situationen? Liebeskummer etwa? "Ja, auch."
Für ihren Glauben findet sie einfache Worte: "Wenn es äußerlich und innerlich still wird, dann kann ich im Grunde von mir sein. In mir sein", sagt sie. Diese Gefühle erlebt sie im Gebet. Das Berührtsein nennt sie Gottesliebe. "Es ist einer da, der mich mit den guten und schlechten Seiten komplett annimmt und liebt." Eine ideale Beziehung, die sie mit diesen wenigen Worten skizziert. "Die Liebe, die ich dabei erfahre, kann ich weitergeben an meine Mitmenschen und die Gemeinschaft." Nichts anderes will sie.
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