Mit den Leistungskonten auf Du und Du: Gläserne Patienten
■ Betrügerische Ärzte: Keine Angst vor der Gesundheitsreform
„Wirtschaftlichkeitsprüfungen“ wollen die Reformer des Gesundheitswesens mit der Einführung des „versichertenbezogenen Leistungskontos“ erleichtern. AOK–Sprecher ergänzen, man habe damit ein besseres Kontrollinstrument gegenüber den Ärzten in der Hand, die vereinzelt mehr einkassieren, als ihnen tatsächlich zusteht: Da werden auf dem Krankenschein einfach Leistungen eingetragen, die in Wahrheit nie erbracht wurden. Doch die geplante Datei nützt den Kassen zur Kontrolle der Ärzte nämlich gar nichts. Genauso gut könnten sich die Sachbearbeiter schon heute einzelne Krankenscheine herauspicken und beim Patienten nachfragen, ob der Doktor denn auch wirklich ein EKG erstellt hat. Wollten die Kassen Ernst machen, müßten sie vielmehr „arztbezogene Leistungskonten“ einrichten. An denen ließe sich allerdings ablesen, ob sich unser Villenbesitzer mit 200 Patienten, die er an einem einzigen Tag behandelt haben will, nicht doch ein bißchen übernommen hat. Solche Vorhaben sind jedoch weit und breit nicht in Sicht. Nein, die geplante Einführung der Versichertenkonten geht ganz klar gegen die Versicherten selbst. Ihnen will man künftig besser auf die Finger schauen können. Dann erhält auch die schwammige Aussage im Gesetzentwurf eine Sinn, die Reform solle „mehr Transparenz über Kosten und Leistungen schaffen“. Die Strategen der Ortskrankenkassen führen beim Thema Transparenz gern den Begriff der „Prävention“ im Munde. Mit den neuen Leistungskonten lassen sich in der Tat vorzüglich tablettenabhängige oder sonstwie auffällige Patienten herausfiltern. Und denen könnte dann entsprechend abgeholfen werden - in Schweden wird dieses Gesundheitssystem seit langem exerziert. Dieter Dender
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