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Gipfeltreffen der UmweltministerQuecksilber verboten

Bei einem Treffen der Umweltminister in Nairobi haben diese beschlossen, das Schwermetall Quecksilber zu verbieten. In zwei Jahren soll es aus dem Verkehr gezogen werden.

Das Motto der Ministerkonferenz: climate change. Bild: dpa

Das Gipfeltreffen der Umweltminister geht zwar erst heute zu Ende, doch ein Ergebnis gilt bereits als sicher: Sieben Jahre nach der Aufnahme von Verhandlungen über ein Verbot von Quecksilber habe man sich auf den Ausstieg geeinigt, sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) der taz in Nairobi. "Es wird einen echten Verhandlungsauftrag geben, um in zwei Jahren zu einem Ergebnis zu kommen, wie wir Quecksilber weltweit aus dem Verkehr ziehen", sagte Gabriel, der gemeinsam mit seinen EU-Kollegen seit Jahren für das Verbot kämpft. Die USA hatten eine Einigung stets verhindert. Erst eine Kehrtwende in Washington machte den Deal möglich: "Man merkt, wie schnell die Atmosphäre sich verändert hat."

Eine vom Gipfel eingesetzte Arbeitsgruppe hat jetzt den Auftrag, aus dem Ausstiegsbeschluss innerhalb von zwei Jahren ein rechtlich verbindliches Abkommen zu machen. Über dessen Details wurde am Donnerstag bereits heftig diskutiert. "Alle sind sich einig darin, dass es eine rechtlich bindende Verordnung geben soll", sagt der Sprecher des UN-Umweltprogramms (Unep), Nick Nuttall. "Aber es gibt Länder, die die Verordnung perspektivisch um andere Schwermetalle erweitern wollen, andere wollen es beim Quecksilber belassen."

Quecksilber gilt als eine der giftigsten Substanzen. Jedes Jahr werden 6.000 Tonnen des Schwermetalls freigesetzt, ein Drittel von Kohlekraftwerken. "Die Menge nimmt zu, weil vor allem in Asien immer mehr Kohle verbrannt wird", warnt Nuttall. Das aus der Kohleverbrennung stammende Quecksilber gelangt in die Atmosphäre und von dort in die menschliche Nahrungskette. Am gefährlichsten ist der Verzehr von kontaminiertem Fisch. In Schweden gelten Hechte und einige andere Fischarten aus mehr als 50.000 Seen als so sehr kontaminiert, dass die Behörden Frauen im geburtsfähigen Alter davon abraten, sie zu essen. "Der Rest der Bevölkerung darf sie maximal einmal pro Woche zu sich nehmen", so Unep-Chef Achim Steiner. Kein Wunder, dass jeder heute lebende Mensch Quecksilber in sich trägt. "Und die Weltgesundheitsorganisation warnt, dass selbst kleine Mengen schon gesundheitsgefährdend sind." Folgen von Quecksilbervergiftung sind Gehirn-, Leber-, Lungen- und Nervenschäden.

In vielen Entwicklungsländern setzen sich Menschen bis heute freiwillig dem Schwermetall aus. Goldschürfer in Brasilien, Simbabwe, Indien und Papua-Neuguinea waschen das Edelmetall mithilfe von Quecksilber aus und vergiften damit nicht nur sich selbst, sondern ganze Landstriche. Nuttall schätzt die Zahl der betroffenen Goldschürfer samt Familien auf zehn Millionen.

Wenn das Quecksilberverbot in Kraft tritt, müssen sich nicht nur Goldschürfer nach Alternativen umsehen. Viele industrielle Prozesse sind auf Quecksilber angewiesen. Während es kaum noch Quecksilberthermometer gibt, enthalten die meisten LCD-Displays von Elektrothermometern das Schwermetall. Auch Energiesparbirnen enthalten Quecksilber. "Es handelt sich um etwa ein Milligramm, das ist eine winzige Menge, die auf die Spitze eines Kugelschreibers passt", verteidigt sich Philips-Manager Nick Kelso, der an einer Technikmesse auf dem UN-Gelände teilnimmt. "Wer herkömmliche Birnen kauft, verbraucht mehr Energie und produziert dadurch weit mehr Quecksilber, als in einer Energiesparbirne steckt." Doch einen Stand weiter präsentiert die chinesische Firma Megaman bereits quecksilberfreie Energiesparlampen. "Wir haben das Quecksilber durch Amalgam ersetzt", erklärt David Fan. "Die Birnen sind genauso hell."

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11 Kommentare

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  • CR
    Christoph Riehn

    "Wir haben das Quecksilber durch Amalgam ersetzt",...

    Unter Amalgam versteht man eine Legierung aus

    Quecksilber und einem anderen Metall, deshalb sind diese Lampen alles andere als quecksilberfrei und alles andere als gesundheitsfördernd. S. a. Diskussion von Zahnfüllungen mit Amalgam.

    Die Lampen mit Amalgam mögen weniger Quecksilber in der Gasphase haben und leichter in der Handhabung und Entsorgung sein.

    Frage an Megaman: welches andere (Schwer?-)metall wurde denn zur Amalgamierung benutzt?

  • H
    hammerwerfer

    Ich setze ja große Hoffnungen auf LED-Leuchten.

    Besser noch wären OLED-Lampen, jedoch befinden sich diese immer noch nur in der Entwicklungsphase.

     

    Dort sollten nach meinem Kenntnisstand weder Quecksilber noch Cadmium vorkommen.

     

    Zudem würden diese Leuchtmittel nochmal deutlich weniger Energie benötigen.

  • HZ
    Hans-Martin Zwanzger

    Einem Verbot der Verwendung von Quecksilber stimme ich zu, einfach weil so giftig für den Menschen ist. Es durch Amalgam zu ersetzen ist natürlich wenig sinnvoll, da Amalgam selbst eine Quecksilberlegierung ist.

    Gerade das in der Zahnheilkunde verwendete Amalgam gehört verboten. Es löst sich permanent etwas davon in der Mundhöhle und ein Teil davon wird im Körper gespeichert, indem es in verschiedenem Gewebe deponiert wird. Es kann sehr viele verschiedene Krankheiten verursachen.

    D.h. die vom Amalgam ausgelöste Symptomatik ist sehr diffus.

     

    Ein Verbot der Verwendung von Amalgam in der Zahnheilkunde auf dem in Nairobi beschrittenen Weg käme einem Verbot durch die Hintertür gleich. Aber anders ist es nach über 100 Jahren Streit um's Amalgam anscheinend nicht mehr mölich.

     

    Aber Achtung: Es besteht die große und begründete Gefahr, daß es bei einem Verbot von Amalgam zur Arbeitslosigkeit von Ärzten kommen kann, v.a. von Nervenärzten, da Quecksilber u.a. ein starkes Nervengift darstellt.

     

    Ich würde mich über ein Verbot von Amalgam in der Zahnheilkunde sehr freuen, da es für mich als ehemals Betroffenem auch eine Art Rehabilitation wäre.

  • CS
    Christoph Seidel, Pressesprecher MEGAMAN (Deutschland)

    Sorry liebe taz-Leserinnen und Leser - MEGAMAN stellt zwar sehr gute Energiesparlampen her, aber die quecksilberfrei Energiesparlampe haben auch unsere Ingenieure noch nicht zur Serienreife geführt. Unsere Lampen enthalten statt flüssigem Quecksilber ein festes Amalgam, in dem das giftige Quecksilber eingebunden ist.

     

    Für den englischsprachigen Markt verwendet MEGAMAN ein Logo mit der Aufschrift "Liquid Mercury Free". Dieses Logo und entsprechende Info-Displays dürfte taz-Autor Herr Engelhardt auf dem Ausstellungsstand in Nairobi gesehen und missverstanden haben. Für Deutschland haben wir das Logo adaptiert und schreiben: "Amalgam-Technologie - Kein flüssiges Quecksilber".

     

    Der Vorteil des festen Amalgams besteht darin, dass der Quecksilberdampf erst bei Erwärmung (ab 80 bis 100 Grad Celsius) im Inneren der Lampenröhre frei wird. Flüssiges Quecksilber verdampft dagegen schon bei Raumtemperatur. Eine Amalgam-Energiesparlampe ist in der Herstellung (Mitarbeiter-Gesundheitsschutz), in der Gebrauchsphase und in der Entsorgungsphase wesentlich unproblematischer als flüssiges Quecksilber.

     

    In der Produktion wird das Amalgam sehr präzise als Kügelchen dosiert (2-3 mg Quecksilbergehalt) in die Lampenröhre eingebracht, wo es hermetisch eingeschlossen ist. Sollte eine Amalgam-Lampe beispielsweise hinfallen und zu Bruch gehen, wird kein gesundheitsgefährdender Quecksilberdampf frei. Aber auch eine verbrauchte Amalgam-Lampe muss natürlich ordnungsgemäß recycelt werden. Sie gehört zur Sammelstelle.

     

    In den letzten Jahren wurde der Quecksilbergehalt in Energiesparlampen immer weiter reduziert. Er ist in der EU auf 5 mg begrenzt und liegt bei den meisten Markenherstellern je nach Lampentyp bei 2-3 mg. Die völlige Ablösung des Quecksilbers in Leuchtstofflampen ist aus technischer Sicht leider nicht zu erwarten, aber mit der Amalgam-Technologie ist eine vergleichsweise ungefährliche Form der Nutzung in Energiesparlampen möglich. MEGAMAN ist nicht der einzige Hersteller, der Amalgam verwendet, aber wir sind der einzige, der es seit 2008 ausschließlich in allen Lampen (> 400 Modelle) nutzt.

     

    Glühlampen bewirken erhebliche Quecksilberemissionen, weil sie deutlich mehr Strom verbrauchen als Energiesparlampen. Ein Großteil des Stroms weltweit wird in Kohlekraftwerken unter Freisetzung von Quecksilber erzeugt.

  • K
    Karl

    Bürokratenwahn.

     

    Die Idee wird ich als nicht umsetzbar erweisen, es kann der Eindruck aufkommen das ein Scheitern schon in den Vorgng implementiert wurde!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • AM
    A. Maassen

    Ein Bißchen Recherche täte gut, wenn man so 'nen Mist schreibt:

     

    "... Quecksilber durch Amalgam ersetzt ..."

     

    /*intensives kopfschütteln*/

     

    Dennoch Grüße in die Rudi-Koch-Straße

    A. Maassen

  • K
    kd0627

    Warum eigentlich so unentschlossen?

     

    Es gibt doch eine bekannte Fahndungsliste, nämlich das PSE nach IUPAC! Darin sind viele verdächtige und gefährliche Elemente verzeichnet, die den profitsüchtigen Chemie-Großkonzernen erlauben, die Biosphäre zu schädigen.

     

    Gut, dass wir einen "Schwermetallengel Gabriel" haben, der uns rettet....

  • N
    naseweiß

    Quecksilber kann man nicht verbieten.

    Quecksilber ist ein chemisches Element

    (Hg - Ordnungszahl 80), man kann also

    nur die Verarbeitung und den Einsatz

    von Quecksilber verbietem.

  • W
    wanja

    Auch Solarzellen, die Cadmium enthalten (z.B. CdTe Dünnschichtzellen) sollten sofort verboten werden. Bei solchen speziellen neuartigen (und völlig verzichtbaren) Modulen kommt auf einen Quadratmeter oft so viel Cadmium wie ein großer Lkw im Laufe seiner "Lebensdauer" durch Reifenabrieb an die Umwelt abgibt. Allerdings kann man die Module natürlich geplant "entsorgen" (obwohl bei diesem Typus das Recycling nicht gerade leicht ist), wogegen das Cadmium aus dem Reifenabrieb unkontrolliert in den Boden an den Straßenrändern und von dort weiter evtl. ins Grundwasser u.s.w. eindringt.

  • H
    hds

    Mit dem Amalgam ist das Quecksilber auch nicht aus der Energiesparlampe heraus. Amalgam ist eine Quecksilberlegierung.

  • PB
    Peter Boehm

    Amalgam ist eine Mischung eines Metalls mit Quecksilber.