Giftiges Kohlekraftwerk: Quecksilberschleuder am Strand
Das geplante Kohlekraftwerk im vorpommerschen Lubmin verseucht die Umgebung mit giftigem Quecksilber. Der Investor Dong will dort vor allem billige Kohle verstromen.
Als "Giftschleuder" hat die Umweltorganisation WWF das geplante Steinkohlekraftwerk im Seebad Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) bezeichnet. Der Meiler des dänischen Energiekonzerns Dong werde die Umwelt und vor allem die Ostsee mit unvertretbaren Schadstoffemissionen belasten, sagte die Ostsee-Expertin des WWF, Cathrin Münster, am Montag in Schwerin. Dies gehe aus einem Gutachten des Hamburger Ökologie-Instituts Ökopol hervor, das sie zusammen mit dem Autoren Christian Tebert vorstellte.
Das Kraftwerk werde den Ausstoß an hochtoxischem Quecksilber, das über die Luft in das Binnenmeer gelange, "um über 1.000 Prozent auf 310 Kilogramm im Jahr erhöhen", hat Tebert ermittelt. Über Bäche, Flüsse und das Kühlwasser des Kraftwerks würden jährlich weitere 600 Kilo emittiert. Deshalb sei der Kohlemeiler am ökologisch sensiblen Greifswalder Bodden in unmittelbarer Nähe zu den Nationalparks und Biosphärenreservaten vor Rügen und Usedom "nicht genehmigungsfähig". Hinzu kämen erhebliche Mengen an Kohlendioxid, Stickoxiden und Feinstäuben, sagt Tebert. Dem Unternehmen warf er vor, trotz einer Überarbeitung der Antragsunterlagen "weiterhin nicht alle technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Schadstoffausstoß zu minimieren". Dong sei aus Kostengründen nicht bereit, besonders quecksilber- und schwefelarme Kohle einzusetzen.
Der dänische Energiekonzern will an dem ehemaligen AKW-Standort ein Steinkohlekraftwerk mit einer Leistung von 1.600 Megawatt bauen. Das entspricht dem in Hamburg-Moorburg vorige Woche genehmigten Vattenfall-Meiler, dem bislang größten in Deutschland.
Anders als in Moorburg soll aber nur Strom erzeugt werden, keine Fernwärme. Deshalb werde der Wirkungsgrad in Lubmin nicht bei 60 Prozent, sondern nur bei 47 Prozent liegen. Die gesamte Abwärme soll in die Ostsee geleitet werden. "Dong verharmlost die Folgen für Menschen und Natur", so Münster: "Die Landesregierung muss diesen Kraftwerksbau stoppen."
Die große Koalition im Schweriner Landtag hatte Anfang Oktober erklärt, dass vom Kraftwerk "keine negativen Auswirkungen zu erwarten" seien. Ihr Hauptargument für das Kraftwerk dabei: Das arme Bundesland im Nordosten könne sich eine solche Milliardeninvestition nicht entgehen lassen. Allerdings stößt sie damit bei der im Nordosten bedeutsamen Tourismusindustrie auf Widerstand, die kontaminierte Ostseestrände kaum gebrauchen kann. Die oppositionelle Linke will am nächsten Freitag in Greifswald eine eigene öffentliche Expertenanhörung durchführen.
Am Mittwoch nächster Woche endet die bundesweite Anti-Kohle-Tour mit einer Protestkundgebung gegen Lubmin vor dem Landtag in Schwerin. Das Aktionsbündnis hatte seine Tournee zu elf geplanten Standorten für Kohlemeiler am 7. Oktober vor dem Bundeskanzleramt in Berlin gestartet.
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