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Giftig grüne Sonnenbrille

Das Frankfurter Filmmuseum ehrt Miss Jodie Foster einen ganzen Monat lang  ■ Von Birgit Glombitza

Auf der Leinwand begegnet sie uns als ständig Enttäuschte. Als habe sie bereits alle 99 Luftballons zerplatzen sehen, hält sich Jodie Foster ihre Filmmänner mit muffig-melancholischem Blick auf Distanz – noch bevor diese Gefährliches versprechen können. Ob kindliche Hure, eine Kellnerin, ehrgeizige FBI-Agentin oder schwerblütige Farmersfrau, Fosters Filmdasein ist jede erotische Verheißung abhanden gekommen. Sexualität paart sich stets mit Gewalt oder erscheint, wie in „Sommersby“, als irrlichterndes Phantom, als Simulation eines liebevollen Gatten.

Ihre Figuren bleiben spröde, selbst wenn sie zärtlich sind. Der Mund ist oft verzogen und scheint alle Skepsis dieser Welt wie ein altes Kaugummi von einer Backe in die andere zu schieben. Komplimente quittieren die herben Heldinnen, wie Foster sie spielt, unbeeindruckt mit einer hochgezogenen Augenbraue, als nähmen sie eine Fast-food-Bestellung entgegen. Läßt sie ihre Schlagfertigkeit mal im Stich, sind sie eingeschüchtert oder verlegen, hält sie inne und kehrt mit einem Ausdruck zurück, der einer Bombenwarnung gleichkommt.

Jodie Foster ist ein Star, den die Frauen lieben. Spätestens seit „Das Schweigen der Lämmer“ wird die 32jährige als feministische Leinwandheldin verehrt. Daß ihre Rolle als emanzipierte Polizistin im männlichen FBI-Apparat unter der Regie Jonathan Demmes recht fragwürdig bleibt, die Kamera gelegentlich hochmütig auf die 1,60 Meter kleine Frau herabblickt und sie im Showdown als trampelige Anfängerin zeigt, vermag nicht an ihrem Image als „Drachentöterin“, wie sich Foster selbst nennt, zu rütteln.

Sie ist eine Schauspielerin mit Mission. „Bei jeder Rolle, die ich annehme, geht es um eine Frau, die es verdient hat, erlöst oder gerettet zu werden“, erklärt die Autodidaktin. Nicht einmal die Mittelmäßigkeit der meisten ihrer rund 30 Spielfilme kann diesem Mythos etwas anhaben. Sie taugt nicht als Vamp, Sexidol, Urmutter oder Engel. In der Welt der Kinomythen besetzt sie einen unbenannten Platz.

Seitdem sie laufen kann, steht sie vor der Kamera. Doch ein Kinderstar im klassischen Hollywood- Sinn war die rotzige Querulantin aus den Walt-Disney-Filmen nie. Jodie Foster scheint bereits erwachsen auf die Welt gekommen zu sein. Schon als Zwölfjährige avancierte sie in Scorseses „Taxi Driver“ (1975/76) zur Charakterdarstellerin.

Versucht Travis (Robert de Niro) der minderjährigen Hure Iris ihren Zuhälter madig zu machen, nimmt sie mit einer Geste zwischen Süffisanz und Mitleid ihre giftig grüne Sonnenbrille ab, würzt ihren Marmeladentoast mit noch mehr Zucker und erklärt dem Zorro der um den Vietnamsieg Betrogenen ihrerseits die Welt. Gepanzert plaudert die blasse Göre aus der Gosse über den Weltenlauf und die Männer, wie ein alter Seebär über seine Reisen.

Dann allerdings flüchtet sie doch störrisch-naiv in die falschen Arme. Ein Jahr später weiß „Das Mädchen am Ende der Straße“ (von Nicolas Gessner) selbst, wie sie sich das Böse vom Leib hält. Aus der heranwachsenden Waise wird das aufmüpfige Opfer. In ihren Filmen begegnet Jodie Foster brutalen Vergewaltigern („Five Corners“, „Hotel New Hampshire“, „Angeklagt“) oder Psychopathen („Catchfire“). Die Zierliche wird mißhandelt und gedemütigt, aber gefügig wird sie nie.

Mit Hartnäckigkeit („Angeklagt“) oder strategischer Intelligenz holt sie sich ihr Recht und hält perversen Analytikern stand („Schweigen der Lämmer“). Stärkste Waffe bleiben ihre Augen.

Frostig und überlegen werfen sie die Blicke des Bösen zurück. Hält der Dämon sich im Dunkel versteckt, kann auch sie nur schießen.

Aufgeblasene Ungeheuer gibt es noch genug. Hoffentlich kehrt Jodie Foster bald von ihren Ausflügen in flache Geschichten von Ehemännern und Wunderkindern zurück und schaut den Feuerspuckern wieder trotzig ins Auge.

Retrospektive im Frankfurter Filmmuseum bis 27. April

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