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Giftgasfirma gibt klein bei

■ Durch mehrere hundert Einsprüche ließ sich die Herstellerin des Auschwitz–Giftes Zyklon B, DeGeSch, von einer Betriebsausweitung in Frankfurt abhalten

Aus Heidelberg Rolf Gramm

Wegen des starken Widerstandes gegen die Ausweitung ihrer Giftgasproduktion in Frankfurt will die „Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung“ (DeGeSch) jetzt verstärkt ins Ausland ausweichen. Beim Darmstädter Regierungspräsidium ging gestern ein Brief ein, mit dem die Herstellerin des Auschwitz–Gifts Zyklon B den ursprünglichen Plan zurückzieht, ihre Produktionsstätten im Frankfurter Osthafen zu erweitern. Statt dessen will die Firma ihre Kapazitäten im Ausland erweitern und eventuell auch die Produktion der Gifte bei der Muttergesellschaft Detia in Laudenbach an der Bergstraße ausweiten. In der in Frankfurt geplanten Anlage sollten täglich über zwölf Tonnen hochgiftigen Aluminium– und Magnesiumphosphids hergestellt werden. Gegen die beim Regierungspräsidium beantragte Genehmigung der Chemieanlage hatten über 600 Einwender, darunter die Stadt Offenbach, Einspruch eingelegt. Als Produktionsbeginn war ursprünglich der 1. April 1988 vorgesehen. Aluminium– und Magnesiumphosphid werden als „Begasungsmittel“ zur Schädlingsbekämpfung in Getreidesilos eingesetzt. Sobald sie mit Feuchtigkeit in Berührung geraten, entsteht aus den Stoffen das Giftgas Phosphorwasserstoff (Phosphin). Phosphin ist einer der giftigsten Stoffe, die es gibt. In der Reinhalteverordnung TA Luft wird es gemeinsam mit dem Kampfgas Phosgen der Stoffgruppe zugeordnet, die mit dem schärfsten Grenzwert belegt ist. Sowohl von der Produktion, als auch von Lagerung und Transport der Gifte gehen enorme Gefahren und Belastungen der Umwelt aus. Aber nicht nur Umweltschützer, sondern auch zahlreiche Antifaschisten, darunter die VVN und ehemalige KZ–Opfer hatten gegen die Betriebsausweitung protestiert. Als IG–Farben–Tochter hatte die DeGeSch während des Faschismus das Blausäuregas Zyklon B für die Vernichtung von Fortsetzung Seite 2 mehr als 1,5 Millionen Juden, Sinti, Roma und Polen in den Gaskammern von Auschwitz geliefert. Noch heute stellt die Firma Zyklon her und vertreibt es unter diesem Namen im Ausland. DeGeSch–Betriebsleiter Borsbach erklärte gestern gegenüber der taz, daß die neue Produktionsstätte jetzt im Ausland aufgebaut werden solle. Ausschlaggebend für die Entscheidung seien „wirtschaftliche Gründe“ gewesen. Daß im Ausland die gesetzlichen Regelungen der Umweltbelastung durch die Giftproduktion weniger scharf seien, sei „nicht der alleinige Grund“. Die DeGeSch plane jetzt, gemeinsam mit der Laudenbacher Muttergesellschaft Detia eine zentrale Vertriebsabteilung in Frankfurt zu installieren. Der Sprecher der Laudenbacher Muttergesellschaft Detia–Freyberg, Werner Praxl, erklärte darüberhinaus, man sei „durch die Einsprüche außer Tritt geraten“ und habe deshalb die Planung in Frankfurt aufgegeben. Da es in Laudenbach „genehmigte Produktionskapazitäten gebe, die nicht genutzt werden“, sei es auch denkbar, daß neben dem Aufbau neuer Kapazitäten im Ausland ein Teil der Produktionsausweitung im Laudenbacher Werk stattfinden könne. Welches Land die Gesellschaft künftig mit der Giftgasproduktion beglücken möchte, gaben die Firmensprecher nicht preis. Bekannt ist aber, daß es Niederlassungen von Detia/DeGeSch in acht verschiedennen Ländern gibt - darunter in Südafrika, in den USA, in Brasilien und Chile.

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