Gier statt Qualität : KOMMENTAR VON BASCHA MIKA
Ein Verlag ist keine Wurstfabrik, eine Zeitung keine Mortadella. Verlag und Wurstfabrik haben nur eines gemeinsam: Sie produzieren ein Lebensmittel. Das eine für den Bauch, das andere für den Kopf. Das Lebensmittel Zeitung ist in Gefahr. Dass der Berliner Verlag an eine britisch-amerikanische Investorengruppe verkauft wird, macht dies drastisch deutlich.
Der Berliner Verlag und mit ihr die Berliner Zeitung ist in die Hände von David Montgomery gefallen, einem Medienunternehmer mit kaum zu unterbietendem Ruf. Qualität runterfahren, kürzen, Stellen abbauen, Unternehmensteile verkaufen – typische Montgomery-Strategien, um seine Investitionsobjekte höchst profitabel zu machen. Dass er Auslandsberichterstattung (bekanntlich teuer) und analytischen Journalismus (beansprucht viel Zeit ) für „überflüssigen Luxus“ hält, passt zu ihm.
Von der Holtzbrinck-Gruppe, dem bisherigen Verleger des Berliner Verlags, heißt es, sie vereinige „Geist und Geld“. Montgomery vereinigt wohl eher Geld und Gier. Dass er, wie er jetzt verspricht, publizistische und wirtschaftliche Ambitionen beim Berliner Verlag gleichwertig behandeln will, glaube, wer will.
Dass Profit und Engagement kein Widerspruch sind, hat die Berliner Zeitung in den letzten Jahren gezeigt: Aufgrund des deutschen Kartellrechts gehörte sie mehrere Jahre nicht mehr Gruner + Jahr und Holtzbrinck noch nicht so richtig. In dieser Zeit haben die Mitarbeiter nicht nur ein gutes Blatt gemacht, sondern auch schwarze Zahlen geschrieben.
Wären die beiden deutschen Verlage, die gern in Berlin einsteigen wollten, viel besser gewesen? Kaum. Neven DuMont hält nicht viel von innerer Pressefreiheit. Die WAZ-Gruppe ist bekannt dafür, bei möglichst geringer Investition möglichst viel Rendite aus ihren Blättern zu pressen. Überhaupt haben die deutschen Zeitungsverleger die Medienkrise der letzten Jahre geschickt genutzt und sich eher im Ab- als im Aufbau von Zeitungskultur profiliert. Unabhängiger Journalismus und verlegerische Profitinteressen scheinen immer weniger zueinander zu passen. Das geht auf Kosten der Qualität. Und der Leser.