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Gier auf die schnelle Mark

betr.: „Hoffnung für den Kleinanleger“, „Aktionärsbetrug: Im Visier ist auch die WestLB“, taz vom 30. 7. 01

Die Schlagzeilen zu diesem Themenblock suggerieren, dass mit dem Kursverfall am Neuen Markt die armen Kleinanleger von den bösen Kapitalisten wieder einmal über den Tisch gezogen worden seien. Dabei ist der Begriff Anleger schon falsch.

Aktien sind eine Unternehmensbeteiligung. Wer sich an Unternehmen beteiligt, ist Unternehmer und trägt von daher auch das volle unternehmerische Risiko. Mit dem Börsengang der Telekom wurde das Interesse der sogenannten Kleinanleger gelockt. Die Gier auf die schnelle Mark hat doch blendend in das Mallorca-Fieber und die Partystimmung der bundesdeutschen Gesellschaft gepasst. Neuemissionen am Neuen Markt wurden vielfach gekauft ohne nachzufragen, was hinter den Unternehmen steckt. Immer größer und häufiger wurde ein Schluck aus der Pulle genommen. Direktbanken haben den Trend noch verstärkt. Seriöse Berater und Wirtschaftsexperten, die auf Risiken hinwiesen, wurden doch wie Spielverderber aus der Steinzeit abgetan.

Wie im richtigen Leben klingt Fieber irgendwann ab und auch die schönste Party geht einmal zu Ende. [...] Leider ist jetzt für den Katzenjammer niemand verantwortlich. Der Ruf nach dem Staat, der Börsenaufsicht wird laut. Wenn das nicht hilft, wird sich schon eine Bank finden, die verklagt werden kann. Freilich, so Burschen wie die Vorstände der Infomatec AG (u. a.) haben in diesem Business ganz schön abgezockt. Die ungezügelte Geilheit nach der wundersamen Geldvermehrung hat aber ebenso ihren Beitrag zu den Verlusten geleistet. Manche sogenannte Kleinanleger sollten sich gelegentlich auch einmal an die eigene Nase fassen. Verantwortung immer auf den Staat, sprich die Allgemeinheit abzuwälzen ist verdammt billig.

EUGEN SCHLACHTER, Maselheim

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