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Archiv-Artikel

DIE GESELLSCHAFTSKRITIK Gib’s mir, Baby

WAS SAGT UNS DAS? Menschen produzieren komische Dinge und verkaufen sie im Netz. Und sie quälen damit ihre Liebsten

Von SB

Auf etsy.com kann jeder selbstgemalte, -gestrickte, -gebastelte oder -genähte Produkte kaufen und verkaufen. Um all das, vom bedruckten Handtuch bis zur selbst gehäkelten Mütze, entsprechend zu präsentieren, brauchen die VerkäuferInnen Models – meist werden die Freunde, Kinder oder Ehemänner genötigt. Die Tumblr-Blogs sadetsykids oder sadetsyboyfriends listen nun schadenfroh Fotos von unglücklichen Kleinkindern mit Dinosauriermützen und peinlich posierenden Männern mit Federhaarschmuck auf, die dabei traurig bis widerwillig in die Kamera schauen. Das ist komisch – und auch ganz schön gemein.

Zwar ist das Do-it-yourself-Phänomen als Schritt hin zu einer dezentralen Konsumgesellschaft höchst politisch – im besten Fall. Eine weiße Fellmütze mit Einhorn, einen Filzschal mit Stacheln oder eine gemusterte Stoffbrosche in Penisform braucht aber kein Mensch. Seine Freunde und Kinder mit diesen Scheußlichkeiten ins Internet zu stellen ist egoistisch.

Der Drang nach Individualität und Selbstverwirkung des Hobbykünstlers ist größer, als die Empathie mit den Liebsten. Die Kinder können sich nicht wehren. Die Männer könnten es, doch sie halten still. Um der Liebe willen offenbar – und die tut nicht immer gut. SB