piwik no script img

Ghostwriter bei wissenschaftlichen ArbeitenProfs wollen Fremdschreiber bestrafen

Bachelor-Arbeiten oder Promotionen lassen sich kaufen. Wer das macht, riskiert seinen Titel. Nun will der Hochschulverband auch die Ghostwriter belangen.

Ist doch anstrengend, so viel für die Abschlussarbeit selbst zu lesen. Bild: John Dow / photocase.com

BERLIN taz | Das Angebot kommt schon eine Stunde nach der Anfrage: Gern sei man bei der Erstellung der Bachelor-Arbeit behilflich, schreibt die Agentur Arcad Write auf eine verdeckte Anfrage der taz. Die „Erstellung eines wissenschaftlichen Werkes“ würde 2.390 Euro kosten, bis 30. November könne man liefern. „Wir garantieren Ihnen selbstverständlich, dass das von uns angefertigte Werk ein Unikat ist.“

Die Helfer im Hintergrund versprechen absolute Diskretion: „Ghostwriter sind sehr vergessliche Leute. Kaum haben sie einen Text dem Kunden übergeben, haben sie auch schon vergessen, ihn jemals geschrieben zu haben“, heißt es in der Infobroschüre der Agentur, die nach eigenen Angaben in Deutschland, Österreich und der Schweiz tätig ist.

Der Deutsche Hochschulverband möchte der Branche der Promotionsberater und Ghostwriter jetzt den Garaus machen: Die Professorenvertretung fordert den Gesetzgeber auf, für Wissenschaftsbetrug einen Straftatbestand zu schaffen. Studenten, die einen Ghostwriter engagieren, sollten mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldbuße bestraft werden. Aber nicht nur sie: Auch die Ghostwriter selbst sollen durch einen entsprechenden Passus im Strafgesetzbuch mit zur Verantwortung gezogen und mit Gefängnisstrafen bestraft werden können.

Der Hochschulverband hat seine Forderung an Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) geschrieben. Die jedoch reagiert skeptisch. Man halte den Vorschlag „zurzeit nicht für weiterführend“, sagte eine Sprecherin der taz. Die Hochschulen hätten schon jetzt genug Möglichkeiten, Wissenschaftsbetrug zu ahnden: Gibt ein Doktorand etwa eine eidesstattliche Versicherung ab, kann er strafrechtlich verfolgt werden, wenn herauskommt, dass die Arbeit doch nicht aus seiner Feder stammt. Den Titel ist er ohnehin los. Ähnlich zurückhaltend beurteilt der Wissenschaftsrat, das wichtigste forschungspolitische Beratergremium der Regierung, den Vorschlag.

Dem Hochschulverband reicht das nicht. Denn bisher geraten eben nur die Doktoranden ins Visier, nicht aber die Hintermänner, die das Werk verfassten und den Schwindel erst ermöglichen. „Ein Grad kann entzogen werden, wenn der Deal mit dem Ghostwriter auffliegt. Aber das ist zu schwach. Mit der konkreten Strafandrohung gewinnt die Abschreckung erst Zähne“, sagte Hochschulverbandssprecher Matthias Jaroch der taz.

Die Promotionshelfer versuchen sich bei ihren Geschäften geschickt abzusichern. Die Agentur Arcad Write etwa weist in ihrer Broschüre darauf hin, dass Kunden den gelieferten Text nicht als Prüfungsarbeit einreichen dürften: „Aber er kann Ihnen als exzellente Vorlage dienen, Ihre Arbeit schnell und auf Topniveau zu schreiben.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • D
    D.J.

    @jenny,

     

    wer zu blöd ist, selbstständig Texte zu verfassen, hat an der Uni nichts zu suchen, punktum. Da entschuldigt auch schlechte Betreuung nichts. Es gibt Bücher. Und noch sind absolute Analphabeten unter den Abiturienten eher selten (selbst in Bildungshorrorländern wie NRW).

  • HL
    Hauke Laging

    "Gibt ein Doktorand etwa eine eidesstattliche Versicherung ab, kann er strafrechtlich verfolgt werden, wenn herauskommt, dass die Arbeit doch nicht aus seiner Feder stammt."

     

    Dieser Unsinn wird durch stete Wiederholung nicht besser. Die Strafbarkeit einer Aussage, die man eine Versicherung an Eides statt nennt (http://dejure.org/gesetze/StGB/156.html), ist daran gebunden, dass diese Aussage gegenüber einer Behörde vorgenommen wird, die dazu ermächtigt ist. Das ist im Verwaltungsrecht ganz allgemein für die Fälle ausgeschlossen, in denen es nicht ausdrücklich durch Gesetz oder Rechtsverordnung bestimmt wird. Eine entsprechende Grundlage gibt es aber nur in den Hochschulgesetzen weniger Länder. Überall sonst gilt: Papier ist geduldig.

  • F
    Fritz

    Was soll denn das geschuetzte Rechtsgut sein?

     

    Das muss man mal formulieren. Ist es die Einzigartigkeit des Titels der Besitzenden? Ist es deren Verpenntheit bei der Titelvergabe?

     

    Ein solcher Straftatbestand wuerde ueberdies nichts an der Misere der arbeitslosen Wissenschaftler aendern, die diese Arbeiten fuer sehr wenig Geld anfertigen muessen.

  • I
    Instand

    Wie waere es damit, wer zu faul ist seine eigene rede oder resp.wiss. erhebungen allein zu verfassen, 10 Knast. Dann waeren wir die gesamte Brut Loss.

  • B
    Bernd

    @Jenny: Talare, Kaste ... '68 verpasst?

     

    Korruption, Zitierkartelle etc. mag ja unter Profs vorkommen, aber warum immer gleich so allgemein? In meinem Studium war die Betreuung wunderbar und die meisten Profs einfach Klasse, persönlich wie wissenschaftlich, und das an drei verschiedenen Orten in zwei Fächern. Tut mir leid, wenn das jetzt nicht ins Weltbild passt.

  • A
    arrikotz

    Fragwürdig. Die schreiben einem Texte. Was man damit macht, bleibt einem ja selbst lassen.

  • MS
    Manfred S

    Ausgerechnet Kröten (hier Frau Dr. copy Schavan) sollen den Sumpf trockenlegen?

  • J
    Jenny

    Oha. Da wird jetzt aber manchem die Muffe gehen!

     

    An sich ist das eine schon lange notwendige Sache. Allerdings fällt auch hierbei wieder auf: die Nachkommenschaft ist Schuld, nicht die erhabene Talarenkaste. Dass es hier ebenfalls eine gewaltige Menge an Betrug (Korruption/Gefälligkeitsstudien; Doktorand schreibt Diss und Prof will mit drauf, obwohl nichts dazu beigetragen; allgemein die Zitierkartelle usw.)

     

    Man muss sich auch mal fragen, wieso immer mehr Leute ghostwritten Arbeiten für nötig befinden? Vielleicht eine Folge der Mischung aus schlechter Lehre und schlechter Betreuung an Unis? Wäre das möglich? Neinneinein....!