Gezielte Kopfschüsse: Arid U. exekutierte US-Soldaten

Ein Video über eine angebliche Vergewaltigung durch US-Soldaten hat den Attentäter von Frankfurt angestachelt, sagen Ermittler. Sie gehen jetzt dessen Kontakten zu Islamisten nach.

Erinnerung an die toten Soldaten am Frankfurter Flughafen. Bild: reuters

BERLIN taz | Der 21-jährige Arid U. hat die beiden US-Soldaten in Frankfurt regelrecht hingerichtet, wie Ermittler am Freitag bei einer Pressekonferenz der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe berichteten. Demnach ging der im Kosovo geborene und in Deutschland aufgewachsene U. bei seiner Tat äußert kaltblütig vor und zielte direkt auf die Köpfe seiner Opfer.

Wie Vertreter der Polizei und der Bundesanwaltschaft berichteten, sprach Arid U. am Mittwochnachmittag gegen 15.20 Uhr vor dem Terminal 2 des Frankfurter Flughafens eine Gruppe von GIs an, fragte nach einer Zigarette - und ob die Soldaten auf dem Weg nach Afghanistan seien. Als einer der Soldaten dies bejahte und sich umdrehte, um in einen bereitstehenden Militärbus zu steigen, schoss U. ihm laut der Ermittler mit einer Pistole in den Hinterkopf. Der 25-jährige US-Soldat starb noch am Tatort.

Danach stürmte Arid U. den Bus, rief laut "Allahu Akbar" - Gott ist groß - und tötete den Fahrer mit einem Schuss in den Kopf, zwei weitere Soldaten verwundete er schwer. Nach acht abgefeuerten Patronen hielt er einem weiteren GI die Pistole an den Kopf, doch als er abdrücken wollte versagte die Waffe. Er drückte noch mal ab – wieder versagte die Waffe. Dann flüchtete Arid U., der Soldat rannte ihm hinterher, bis Bundespolizisten ihn in der Flughafenhalle überwältigen konnten, so die Ermittler.

Bei seiner ersten Vernehmung hat Arid U. laut Vize-Generalbundesanwalt Rainer Griesbaum angegeben, er habe am Abend vor der Tat ein YouTube-Video gesehen, das ihn offenbar anstachelte. Dort soll angeblich zu sehen gewesen sein, wie US-Soldaten ein Haus in Afghanistan plünderten und die Tochter vergewaltigten. Um welches Video konkret es sich dabei handelt, konnten die Behörden am Freitag noch nicht sagen.

Bei seiner ersten Vernehmung durch die Polizei hatte Arid U. die Tat gestanden, bei der Vorführung vor dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes schwieg er jedoch. Es sei deshalb „verfrüht, von einem vollumfänglichen Geständnis zu sprechen“, sagte Bundesanwalt Griesbaum. Der Haftbefehl lautet auf dringenden Tatverdacht des zweifachen Mordes, des dreifachen Mordversuchs sowie der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen. Einer der beiden angeschossenen Soldaten schwebt noch in Lebensgefahr.

Nach derzeitigem Stand gehen die Ermittler davon aus, dass Arid U. nicht in eine Organisation oder gar ein Terrornetzwerk eingebunden war. Es handele es sich „um die Tat eines islamistisch geprägten Einzeltäters“, sagte Bundesanwalt Griesbaum in Karlsruhe.

Gleichwohl prüft die Polizei nun Arid U.s Kontakte in die radikale salafistische Szene, die mindestens virtuell bestanden. Das geht aus seinem inzwischen offline genommenen Facebook-Account hervor, wo sich Arid U. "Abu Reyyan" nannte.

Die Ermittler gehen auch dem Hinweis nach, dass ein weiterer Islamist vor Jahren im selben Wohnkomplex in Frankfurt-Sossenheim gelebt hat wie der Todesschütze: Der Deutschsyrer Rami M., der seit August 2010 im hessischen Weiterstadt unter Terrorverdacht in Untersuchungshaft sitzt und in Pakistan Kontakt zu hochrangigen Al-Qaida-Kadern gehabt haben soll.

Rami M. war Mitte 2008 von Frankfurt nach Hamburg gezogen. Von dort aus reiste er im Frühjahr 2009 mit weiteren Islamisten ins pakistanisch-afghanische Grenzgebiet, um in den Dschihad zu ziehen.

Einige Jahre zuvor allerdings - von 1999 bis 2005 - war Rami M. zumindest zeitweise in der Toni-Sender-Straße in Frankfurt-Sossenheim gemeldet, wo Arid U. bei seiner Familie lebte. Mehrere Medien zitierten Nachbarn damit, dass Arid U. und Rami M. früher befreundet gewesen seien. Doch selbst wenn, gibt es bisher keinerlei Hinweise, dass dies mit U.s Radikalisierung oder gar der Tat im Zusammenhang steht, hieß es in Sicherheitskreisen.

Arid U.s Vater will sich nicht mehr gegenüber der Presse äußern. "Ich kann nicht mehr", sagte er der taz am Freitag.

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