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Gewalt in der ElfenbeinküsteSchüsse in Abidjan

Die Truppen des international anerkannten Präsidenten Ouattara haben die Residenz des abgewählten Staatschefs Gbagbo unter ihre Kontrolle gebracht. Auch UN-Blauhelme sind im Einsatz.

In Abidjan fallen weiter Schüsse - ein Kämpfer der Ouattara-Streitkräfte sucht Schutz unter einer Leitplanke. Bild: reuters

ABIDJAN afp/dpa | In der umkämpften Stadt Abidjan in der Elfenbeinküste sind am Dienstagmorgen erneut Schüsse zu hören gewesen. Das anhaltende Feuer war Berichten zufolge aus dem Stadtviertel Plateau zu hören, wo sich auch der Präsidentenpalast befindet. Abidjan ist derzeit schwer umkämpft.

Am Montag hatten Anhänger des international anerkannten Präsidenten Alassane Ouattara nach eigenen Angaben eine Offensive mit dem Ziel gestartet, den Palast und die Residenz des scheidenden Staatschefs Laurent Gbagbo zu erobern.

Nach eigenen Angaben haben sie diese am späten Montagabend unter ihre Kontrolle gebracht. Dies sagte eine Sprecherin Ouattaras, Anne Oulouto. Ob sich Gbagbo im Palast aufgehalten habe, ist laut dem britischen Sender BBC unklar. Ein weiterer Specher Ouattaras, Patrick Achi, sagte hingegen dem US-Nachrichtensender CNN am späten Montagabend, er sei zu 80 Prozent sicher, dass Gbagbo im Präsidentenpalast sei. Er werde vielleicht schon am Dienstag gefangengenommen.

Ouattaras Streitkräfte sind nach Angaben der Sprecherin Oulouto in die Residenz eingedrungen. Die Umgebung der Residenz werde durchsucht. Sie liegt im Stadtteil Cocody im Osten der Wirtschaftsmetropole Abidjan. Der Präsidentenpalast ist in Plateau im Süden Abidjans. Die Residenz war eines Hauptziele der Angriffe der Truppen Ouattaras. Die neue Regierung werde möglicherweise den Internationalen Strafgerichtshofs einschalten, um Gbagbo den Prozess zu machen.

UN-Chef Ban Ki Moon hat wegen der eskalierenden Gewalt gegen Zivilisten in der Elfenbeinküste Angriffe von Blauhelmen der Vereinten Nationen auf Stellungen des abgewählten Präsidenten Gbagbo angeordnet. Das geht aus einer Erklärung hervor, die Ban am Montagabend in New York herausgab. "Ich habe die Mission angewiesen, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Einsatz von schweren Geschützen gegen die Zivilbevölkerung zu verhindern", teilte Ban mit.

"Wir werden das nicht überleben"

Der Élysée Palast bestätigte, dass französische Truppen an Angriffen der UN-Mission gegen die Soldaten von Gbagbo beteiligt sind. Präsident Nicolas Sarkozy habe in einem Schreiben an Ban zugesichert, dass die französische Armee bereit sei, die schweren Waffen zu zerstören, mit denen Gbagbos Anhänger gegen die Zivilbevölkerung vorgingen. Augenzeugen in der Wirtschaftsmetropole des Landes berichteten am frühen Montagabend von heftigen Feuergefechten und dem Einsatz schwerer Artillerie.

"Wir werden dieses Bombardement nicht überleben", klagte verzweifelt eine Frau, die nahe eines Militärcamps wohnt. "Bevor wir uns unter dem Bett versteckten, habe ich aus dem Fenster den Feuerball einer Explosion und schwarzen Rauch am Himmel gesehen." Bereits seit Tagen hatten die meisten der rund vier Millionen Einwohner der größten Stadt des Landes wegen der Kämpfe ihre Häuser nur in Notfällen verlassen.

Gbagbo war im vergangenen November abgewählt worden. Er weigert sich aber, die Macht über sein Land abzutreten. Obwohl Ouattaras Republikanische Truppen (FRCI) Abidjan seit Tagen umzingelt haben, hielt der Widerstand der Gbagbo-Truppen an. Ouattaras Truppen kontrollieren außerhalb Abidjans den größten Teil des westafrikanischen Landes.

Aus Sorge vor einer blutigen Entscheidungsschlacht brachten die Vereinten Nationen hunderte Mitarbeiter in Sicherheit. Das UN-Hauptquartier in Abidjan sei evakuiert worden, teilten die UN mit. Die Truppen Gbagbos hätten wiederholt UN-Gebäude in der Stadt mit Panzergranaten beschossen und dabei auch benachbarte Wohngebiete getroffen. Zwei Franzosen und drei andere Ausländer wurden am Montag von den Truppen Gbagbos in Abidjan entführt. Einer der Entführten ist nach Angaben der französischen Botschaft der französische Direktor eines Hotels nahe des Präsidentenpalasts.

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8 Kommentare

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  • GS
    Gunnar Sturm

    Für Andreas A.

     

    Hier gibt es Massengräber:

     

    http://www.taz.de/1/politik/afrika/artikel/1/massengrab-entdeckt/

     

    Unter dem Artikel steht auch noch ein Kommentar von mir!

  • AA
    Andreas Ackermann

    Jürgen,

     

    laut Frankreich/UNOCI handelt es sich nicht um einen Angriffskrieg ihrerseits sondern um die Ausserbetriebnahme schwerer Waffen, die gegen UNOCI und die Zivilbevoelkerung eingesetzt wurden. Man mag das gerne anzweifeln (und es gibt die eine oder andere hanebuechene Geschichte, dass LICORNE wild auf Zivilisten geballert habe dieser Tage), aber wenn's denn so ist, ist's wohl legal, weil von Resolution 1975 abgesegnet: http://en.wikipedia.org/wiki/United_Nations_Security_Council_Resolution_1975

  • AA
    Andreas Ackermann

    Gunnar,

     

    wann/wo hat UNOCI behauptet, dass es Massengraeber gaebe? Sie haben meines Wissens stets gesagt, dass Leute ihnen mitgeteilt haben es gaebe diese an den berichteten Stellen, dass sie aber stets mit militanten Drohgebaerden daran gehindert wurden, diese Oertlichkeiten zu untersuchen. Das ist voellig anders als die fuer UNOCI peinliche Belarus/Hubschrauber-Nummer.

     

    Und es ist auch voellig anders als die Massenvernichtungswaffengeschichte im Irak. Da war die UN auch nicht dran beteiligt. Der UN-Mann Hans Blix hat im Gegenteil die ganze Zeit deutlich gemacht, dass da nix ist. Bush und Blair waren's, die da bewusst gelogen und an der UN vorbei einen kranken Krieg begonnen haben.

  • JM
    J. Moje

    an G. Sturm und andere Tatsachen - Verdreher

     

    Hören sie doch endlich einmal auf, ihre falsche Sicht der Wahl in jeder möglichen Zeitung über Internet zu verbreiten.

    Gbagbo hat die Wahl verloren nur sein ihm höriger Verfassungsrat hat in seinem Sinne entschieden ( entgegen der Verfassung ) und das wurde bereits zigmal erläutert.

    Er klebte an der Macht und es war ihm jedes Mittel recht diese zu erhalten.

    Skrupellos wurden alle Anhänger von Quattara verfolgt und in den letzten Tagen besonders Jagd auf alle Ausländer, inklusive Entführung gemacht.

    Die Ble Goude-Clique = "Junge Patrioten" haben geplündert und gemordet wie 2004, nur das sie diesmal auch noch Waffen hatten.

    Das Eingreifen der UN war deshalb unvermeidlich.

    Sicherlich sind die Rebellen nicht zimperlich, aber was ist dem alles voraus gegangen.

    Alles was passiert ist, ist die Schuld von Gbagbo.

    Hätte er seine Wahlniederlage eingestanden, gäbe es die vielen Toten nicht und der Hass zwischen den Ethnien wäre niemals entstanden und so groß geworden.

    Leider und da können sie sicher sein, die Massengräber die Gbagbo zu verantworten hat, die gibt es und in einigen Tagen werden noch viel andere schlimme Taten ans Licht kommen.

    Ich denke da besonders an die Todesschwadron und nicht zu letzt an unglaubliche Korruption und Bereicherung.

    Bleibt nur zu hoffen das Quattara die Cote d'Ivoire aus dieser schlimmen Hinterlassenschaft führen kann.

    Das wird schwer genug.

     

    Gbagbo hatte seine Chance, er hat sie nur zum füllen der Taschen genutzt.

    Leider ist er da in Afrika keine Ausnahme und das ist das Dilemma dieses Kontinents.

  • DP
    Daniel Preissler

    NATO???

    Uiuiui, da haben wir aber etwas falsch verstanden!

    Mann, Mann!

  • D
    Draeger

    Wieso kann nicht einmal aus der taz hervorgehen, dass Gbagbo vom ivorischen Verfassungsrat zum Gewinner erklärt wurde und somit der rechtmäßige Präsident dieses Landes ist!? Der Verfassungsrat ist das einzige Staatsorgan, das dazu ermächtigt ist, den Präsidenten zu ernennen! Und wen die Uno, speziell Frankreich und die USA lieber hätten, interessiert Gbagbo und sein Volk natürlich nicht! Wer würde schon freiwillig sein Land an Ausbeuter verschenken?!

    Wieso wird man selbst von der taz nicht ausreichend informiert?

    Das einzige was in den letzten Tagen wirklich gut geschrieben war, waren die Kommentare der Leser. Herzlichen Dank dafür!

    Ich würde mich sehr freuen mehr davon zu lesen.

  • JO
    Jürgen Orlok

    Und hier freut sich die taz über einen neuen illegalen Krieg der NATO unter dem Mäntelchen der UN ....

    Schutz der Zivilbevölkerung ... soweit mir bekannt ohne entsprechende UN-Resolution . Wir Deutschen müßten doch noch das Ermächtigungsgesetz kennen, hier noch sehr viel weiter überzogen.

     

    Schön daß ihr diesen Sakashvilly der Elfenbeinküste liebt.

     

    http://www.n-tv.de/politik/dossier/Ein-Muslim-als-Favorit-des-Westens-article3007331.html

  • GS
    Gunnar Sturm

    Ouattara hat die Wahlen nicht gewonnen, und die angeblichen Massengräber in Abobo sind eine Erfindung der UNO (wurden im Dez. gemeldet, bis heute nicht bestätigt), das erinnert an die Messenvernichtungswaffen im Iraq!

    Frankreich führt einen Angriffskrieg, die Licorne attakiert, selbst die Blauhelme sind im Angriff beteiligt.

    Nur die Rebellen, die lässt man lieber aussen vor. Die sind nämlich zu dieletantisch...aber morden können die prima!