Getürkter Karnevalsverein: Nix "Kölle Allah"
RTL hat sich einen Scherz erlaubt: Der neue, erste türkische Karnevalsverein in Köln ist eine medienwirksame Erfindung, die falsche Pressekonferenz kommt ins Fernsehen.
Viel war in der letzten Woche geschrieben worden über "Küllü Ülüüf" oder "Kölle Allah" - in der Zeit, in der FAZ, auch in der taz. Aber die Nachricht von der Gründung des ersten türkischen Karnevalsvereins in Deutschland (TKVD) in Köln hat sich jetzt als ein PR-Gag entpuppt - für eine RTL-Sendung. Die Angst Konservativer vor einer Burkapflicht für Jeckinnen war umsonst. Die Sorge mancher Kölner, der Karneval werde von Islamisten unterwandert, ist vom Tisch.
Rückschau: Am Donnerstag wurde in Köln eine Pressekonferenz inszeniert, bei welcher der Verein vorgestellt wurde. Etwa zwanzig Journalisten erschienen, die Lüge bemerkte keiner sofort. Hätte man bei Forderungen nach einer "Türkenquote" oder einem tiefer gelegten BMW als Festwagen nicht stutzig werden müssen? Einige Medienvertreter beschlichen Zweifel, aber zunächst wurde die Gründung des Vereins munter verbreitet.
Aufgeflogen ist der Gag schließlich, weil der vermeintliche Vorsitzende kein Wort Türkisch verstand. Davut Yilmaz ist in Wahrheit der Komiker Jan Böhmermann, der normalerweise für seine Podolski-Parodien beim WDR-Radiosender Einslive bekannt ist. Mit der Aktion soll die anlaufende RTL-Serie "TV-Helden" beworben werden.
Die Reaktionen darauf sind unterschiedlich. Während die grüne Landtagsabgeordnete Andrea Asch findet, man "muss dem Comedian dankbar sein", ist Hayati Önel von der türkischen Gemeinde NRW nicht begeistert: "Ich finde das Ganze nicht sehr gelungen. Im Übrigen halte ich sowieso nichts von rein türkischen Karnevalsvereinen. Wir sollten lieber zusammen feiern."
Die gerechte Strafe für die Journalisten erfolgt ab dem 24. Januar: Dann wird die Pressekonferenz in der neuen Comedy-Serie ausgestrahlt.
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