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Archiv-Artikel

Gesucht, gefunden – versenkt

Die „Süddeutsche Zeitung“ stellt nach nur 14 Monaten ihren NRW-Lokalteil ein. Am Samstag kommt die letzte Ausgabe. Von der Einstellung betroffen sind 20 Redakteure

DÜSSELDORF taz ■ „Entdecker gesucht? – mit diesem Slogan warb die Süddeutsche Zeitung 14 Monaten lang für ihre nordrhein-westfälische Regionalausgabe. Gestern Morgen kam Chefredakteur Hans Werner Kilz dann nach Düsseldorf, um seinen Angestellten am Rhein mitzuteilen: Die Suche wird eingestellt. Am Samstag erscheint der letzte NRW-Regionalteil der SZ.

Es sei leider „offensichtlich so, dass sich solche anspruchsvollen Projekte auf einem hohen journalistischen Niveau zurzeit nicht durchhalten lassen, weil es den Zeitungsverlagen wirtschaftlich miserabel geht“, erklärte Kilz. Die Einstellung war am Abend zuvor in München beschlossen worden. „Die Entscheidung ist uns sehr schwer gefallen“, sagte SZ-Geschäftsführer Hans Gasser. Das Produkt sei zwar publizistisch und strategisch richtig gewesen. „Unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Vorzeichen müssen wir aber leider davon ausgehen, dass sich der NRW-Teil auch auf Dauer nicht refinanzieren lässt“, so Gasser. Von den derzeit rund 440.000 täglichen SZ-Exemplaren werden rund 41.000 Exemplare in NRW verkauft – über 10.000 Zeitungen mehr als vor der Einführung des Regionalteils.

Doch die weiter zurückgehenden Erträge, insbesondere der sich fortsetzende Einbruch im überregionalen Stellenmarkt, hätten innerhalb der SZ zusätzliche „ergebnisverbessernde Maßnahmen“ notwendig gemacht und letztlich keine andere Wahl als die Einstellung des Verlustbringers gelassen. Damit ist die taz wieder die einzige überregionale Zeitung mit einem – bislang nur wöchentlichen – NRW-Regionalteil inklusive Lokalseiten für Köln und das Ruhrgebiet.

Betroffen von der SZ-Schließung in NRW sind rund 20 Redakteure. Mit ihnen würden jetzt Auflösungsverhandlungen geführt, betriebsbedingte Kündigungen seien nicht ausgeschlossen, sagte Verlagssprecher Sebastian Lehmann. NRW-Redaktionschef Hans-Jürgen Heims befürchtet denn auch: „Für die Kollegen, die hier seit über einem Jahr einen tollen Job gemacht haben, brechen jetzt harte Zeiten an.“ Und auch seine eigene berufliche Zukunft ist unklar. Die Einstellung der achtseitigen SZ NRW sei „ein Fehler, der mich sehr traurig macht“, sagte Heims der taz, „falsch für die Süddeutsche und falsch für das Land.“

In der Düsseldorfer Redaktion herrschte gestern neben lähmendem Entsetzen vor allem Unverständnis über die Geschäftsführung. „Wir sind empört über die Einstellung eines Produktes, das journalistisch erfolgreich war“, sagte SZ-NRW-Redakteur Marco Finetti.

Und auch am SZ-Stammsitz in München geht die Befürchtung um, dass die Einstellung des NRW-Teils nur ein erster Schritt sei – und die jetzt maßgeblich das Tagesgeschäft bestimmenden Manager des Neugesellschafters Südwestdeutsche Medienholding weitere drakonische Sparmaßnahmen planen.

„Derzeit herrscht Abbruchstimmung“, schrieb gestern eine andere überregionale deutsche Tageszeitung über die Krise – die Frankfurter Rundschau, die (siehe taz von gestern) selbst eine Landesbürgschaft für weitere, dringend benötigte Kredite beantragen muss. PAB/STG