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Gestohlene Kinder

■ Australische Kommission soll Opfer der Kolonisierung entschädigen

Canberra (AP) – Jahrzehnte nachdem sie ihren Müttern entrissen wurden, warten Zehntausende „gestohlene Kinder“ von Aborigine-Frauen noch immer auf Gerechtigkeit. Die australische Öffentlichkeit setzt sich endlich mit einem der dunkelsten Kapitel der Kolonisierung durch die Weißen auseinander. Seit gestern untersucht die Kommission für Menschenrechte und Gleichstellung in Canberra, wie diese Kinder weißer Männer und indigener Frauen entschädigt werden könnten. Mit dem Abschlußbericht wird nicht vor Ende 1996 gerechnet.

Bis in die 60er Jahre nahmen staatliche Sozialarbeiter Zehntausenden Aborigine-Frauen, die von einem Weißen ein Kind bekommen hatten, ihre Neugeborenen weg. Die hellhäutigen Babys wurden Adoptiveltern vermittelt, die dunkelhäutigen verbrachten ihre Jugend meist in Waisenhäusern. Drei Jahrzehnte nachdem diese Politik der erzwungenen Assimilierung aufgegeben wurde, kämpfen die Kinder von damals noch immer um Entschädigung und Aufklärung ihrer wahren Familienverhältnisse. Sechs Betroffene verklagten im April die Regierung vor dem Obersten Gerichtshof auf Schadensersatz.

Carol Kendall, heute Mitte 40, hat als 20jährige durch Zufall erfahren, daß sie adoptiert und ihre Mutter eine Aborigine ist. Vor acht Jahren fand sie ihre Mutter schließlich, 1991 dann noch Halbbrüder und -schwestern sowie ihren leiblichen Vater. „Sie wollten damals die Kinder von ihren Müttern trennen, weil sie glaubten, die Aborigine-Kultur werde aussterben“, sagte Kendall gestern. Heute leben noch etwa 125.000 Ureinwohner in Australien, 80.000 von ihnen haben zum Teil weiße Vorfahren.

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