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Gesperrte Bahnverbindungen nach BerlinWarten, Warten, Warten

Am Hauptbahnhof geht auch am Tag nach „Xavier“ fast nichts. Nur nach Leipzig fahren ein paar Züge. Die Stimmung ist trotzdem vergleichsweise entspannt.

Wartende am Hauptbahnhof Foto: dpa

Berlin (dpa) | „Kein Zug?“ – „Ja, kein Zug!“ Die Auskunft der Bahnmitarbeiter im vollen Berliner Hauptbahnhof lautete am Freitagvormittag nach dem Sturm „Xavier“ immer gleich: „Der Zugverkehr ist eingestellt. Komplett.“ In langen Schlangen standen die Menschen vor dem Reisezentrum im Mittelgeschoss, vor den Informationsschaltern im Erdgeschoss und sogar vor einzelnen Bahnmitarbeitern an. Viele warteten bis zu einer Stunde, bis sie an einem Schalter an die Reihe kamen.

„Ich würde Ihnen empfehlen, heute nicht zu fahren“, sagte ein Bahn-Angestellter immer wieder Reisenden, die Richtung Hamburg oder Hannover wollten. „Fahren sie wieder nach Hause. Fahren Sie an einem anderen Tag.“

Eine junge Frau antwortete nur: „Scheiße. Was mache ich jetzt?“ Ein Mann stand wenig später mitten im Bahnhof und rief: „Ich muss nach Hannover. Wer teilt sich ein Taxi? Wer muss auch nach Hannover?“ Mietwagen waren da schon längst vergriffen, die umliegenden Hotels noch aus der letzten Nacht voll.

Im Untergeschoss des großen Bahnhofs hatten viele Menschen von Donnerstag auf Freitag in bereitgestellten Regionalzügen übernachtet. Die Bahn nennt sie Hotelzüge – allzu bequem ist es dort aber nicht. Müde saßen und lagen am Morgen Menschen auf den Polstersitzen. Manche hatten Schlafsäcke, andere Decken. „Es ist alles nicht so einfach hier“, sagte eine junge Frau in ihr Telefon.

Hier kommt kein Zug durch: gesperrte Gleise der S-Bahn in Berlin Foto: dpa

Lethargisch lungerte eine Schulklasse aus Köln in einem größeren Abteil zwischen Colaflaschen und Turnschuhen herum. „Wenn wir Pech haben, können wir noch ne Nacht hier pennen“, sagte ein Mädchen. Eine andere Neuntklässlerin beklagte sich: „Ich brauche einen Hotspot, nur ein paar Sekunden, hier ist überhaupt kein Netz. Das ist voll die Verarsche.“ Andere triumphierten: „Mein Vater holt mich hier ab.“

Trotz der Ausnahmesituation blieb die Stimmung im Hauptbahnhof ruhig. Gelassen standen die Menschen an den Toiletten an, kauften Brötchen und Kaffee und versuchten sich zu orientieren. „Sie können ja auch nichts dafür“, sagte eine ältere Frau einem der Bahnangestellten, der mantramäßig seine Ansagen wiederholte. Viele Touristen mit großen Rollkoffern sahen sich aber ratlos an und wussten nicht, wohin.

Die Bahn hatte seit dem Morgen ihre Strecken mit Hubschraubern absuchen lassen, um Schäden festzustellen. Am späten Vormittag kamen dann erste Durchsagen: Richtung Süden fahren wieder einzelne Züge. „Die Strecke Berlin – Leipzig ist seit 11 Uhr mit Einschränkungen wieder befahrbar“, teilte die Bahn am Mittag mit. Fahrkarten, die am Donnerstag und Freitag nicht benutzt wurden, sind noch bis zum 15. Oktober gültig. Oder sie können umgetauscht werden. „Ohne Gebühr“, wie die Bahn zusicherte.

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