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Gesetz in RusslandProminenter Homo-Aktivist verurteilt

Nikolai Alexejew muss eine Geldstrafe zahlen, weil er Homosexualität vor Minderjährigen propagiert haben soll. Er will vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof ziehen.

Wehrt sich gegen ungerechte Justiz: Der russische Gay-Pride-Organisator Nikolai Alexejew (links) 2010 mit dem Grünen Volker Beck (Mitte). Bild: dpa

ST. PETERSBURG afp | Erstmals ist ein bekannter russischer Homosexuellen-Aktivist von einem Gericht in St. Petersburg zu einer Geldstrafe wegen „Homosexuellen-Propaganda“ verurteilt worden. Der 34-jährige Nikolai Alexejew muss umgerechnet 128 Euro Strafe zahlen, urteilte das Gericht am Freitag.

Er wurde für schuldig befunden, vor Minderjährigen Homosexualität propagiert zu haben. Im März trat in der zweitgrößten russischen Stadt ein Gesetz in Kraft, dass das Werben für Homosexualität und Pädophilie verbietet.

Alexejew war festgenommen worden, als er mit einem Transparent vor dem Rathaus gegen Diskriminierung von Homosexuellen protestierte. Auf dem Transparent wurde ein sowjetischer Filmstar zitiert: „Homosexualität ist nicht pervers. Was pervers ist, sind Rasenhockey und Eistanz.“

Kein einziger Minderjähriger sei in seiner Nähe gewesen, sagte Alexejew. Die Polizei habe angebliche Zeugen befragt, die ihn von ihren Sitzplätzen in einem nahen Park nicht einmal gesehen hätten.

Der Richter habe ein „absolut willkürliches“ Urteil mit schlimmen Folgen für die Zukunft gefällt, sagte Alexejew, der selbst Anwalt ist. Er kündigte an, gegen das Urteil und das Gesetz vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg zu ziehen.

Seit Inkrafttreten des Gesetzes wurden bereits mehrere Homosexuellen-Aktivisten in St. Petersburg in ähnlichen Fällen beschuldigt, Gay-Pride-Organisator Alexejew ist jedoch der erste Verurteilte. Ähnliche Gesetze gibt es in drei weiteren russischen Regionen.

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7 Kommentare

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  • B
    Benz

    @Gata

    Ich muss Sie daran erinnert, dass das öffentliche Zelebrieren von Homosexualität international die absolute Ausnahme ist. Das gibt es nicht nur in Osteuropa nicht, sondern auch in Ostasien, Indien, Südamerika und ganz Afrika nicht. Nur in einer einzigen Weltregion, dem Westen, der gerade mal ca. 10% der Weltbevölkerung stellt, ist öffentliche Homosexualität anzutreffen.

     

    Mit diesem fortschrittlichen Urteil ist RU also mitnichen ''rückständig'' und ''auf einer Linie mit muslimischen Steinzeitregimes'', sondern übernimmt internationale Standards, integriert sich in die Weltgemeinschaft.

     

    Und das öffentliche Zelebrieren von Homosexualität ist auch nicht etwas, das der ''herrschenden Clique'' in RU zuwiderläuft, sondern von rund 90% der russ. Bevölkerung verurteilt wird.

  • H
    Hans

    @Benz:

    Nach Ihrer Argumentation, dürften alle Minderheiten, nicht ihre Meinung und Lebensweise in den Öffentlichkeit Kund tun, wenn sie nicht die Akzeptanz der mehrheit finden. Seien es Juden, Roma oder Homosexuelle. Sich zu verstecken ist die erste Forderung, dann vertreibt man sie oder sperrt sie in KZs. Diese Argumentation und Art der Regierungsführung ist so voll 1933.

     

    Und auch Ihre Argumentation mit den semitischen Religionen ist eine der intoleranten Mehrheiten. Zudem fordern die meisten Russen dasselbe von den Moslems in ihrem Land. Ihr Argument des Internationalen Standards ist schlichtweg falsch, da sowohl die Vereinten Nationen, der internationale Gerichsthof und viele Länder die Homosexuellen als normale Menschen anerkannt haben.

     

    Und abschließend hoffe ich, dass Ihre Intoleranz auf sie zurückkommen möge, auf das sie Sie eines besseren beleht.

  • G
    Gata

    Das Urteil zeigt ein weiteres Mal die Rückständigkeit der russischen Gesellschaft und Politik Russlands, was die Akzeptanz der Homosexualität betrifft. Damit liegt, wie hier bereits richtig bemerkt wurde, Russland auf einer Linie mit muslimischen Steinzeitregimes.

    Bedauerlich auch der erneute Beweis für die Einschränkung der Meinungsfreiheit - der öffentliche Raum ist in Russland nicht dafür da, Meinungen kundzutun, die denen der herrschenden Clique zuwiderlaufen.

    Vielleicht merken die Russen irgendwann, dass das 20. Jahrhundert schon vorbei ist...

  • PM
    Prinzessin Manfred

    @Fragender: Der EuGH ist nur für die EU zuständig. Im Artikel steht aber auch nichts von EuGH, sondern vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrecht. Dieser ist zuständig, weil Russland die EMRK unterzeichnet hat.

  • F
    Fragender

    Kann mich jemand aufklären - warum geht ein Russe vor den EuGH? Wieso ist der für ihn zuständig?

  • B
    Benz

    Das Urteil ist richtig, denn es verankert den simplen Grundsatz, dass der öffentliche Raum allen gehört und es keinen Anspruch darauf gibt, Ideologien anderen Leuten ungefragt aufzudrängen. Die Meinungsfreiheit bedingt, dass niemand ungefragt Propaganda über sich ergehen lassen muss.

     

    Ein wegweisendes Urteil (wenn auch die Geldstrafe lächerlich tief ist und der Homoaktivist sie als Preis für die grosse Medienaufmerksamkeit wohl gerne in Kauf nimmt).

     

    Bei sich zuhause oder im privaten Kreis dürfen die Schwulen tun und lassen was sie wollen. Aber in der Oeffentlichkeit hat jeder vernünftige Bürger auf seine Mitmenschen Rücksicht zu nehmen.

     

    Zudem ist das Urteil richtig, weil RU damit endlich internationale Standards nachvollzieht. In allen Weltregionen- Südamerika, Ostasien, Afrika, Indien, die muslimische Welt- ist Homosexualität in der Oeffentlichkeit verpönt.

  • B
    Benz

    Das Urteil ist richtig, denn es verankert den simplen Grundsatz, dass der öffentliche Raum allen gehört und es keinen Anspruch darauf gibt, Ideologien anderen Leuten ungefraft aufzudrängen. Die Meinungsfreiheit bedingt, dass niemand ungefragt Propaganda über sich ergehen lassen muss.

     

    Ein wegweisendes Urteil (wenn auch die Geldstrafe lächerlich tief ist und der Homoaktivist sie als Preis für die grosse Medienaufmerksamkeit wohl gerne in Kauf nimmt).

     

    Bei sich zuhause oder im privaten Kreis dürfen die Schwulen tun und lassen was sie wollen. Aber in der Oeffentlichkeit hat jeder vernünftige Bürger auf seine Mitmenschen Rücksicht zu nehmen.

     

    Zudem ist das Urteil richtig, weil RU damit endlich internationale Standards nachvollzieht. In allen Weltregionen- Südamerika, Ostasien, Afrika, Indien, die muslimische Welt- ist Homosexualität in der Oeffentlichkeit verpönt.