Geschmackloser Scherz: Hitlergruß rechtfertigt Preisminderung
Zwei Animateure in einem ägyptischen Hotel konfrontierten einen deutschen Urlauber mit dem Hitlergruß. Dieser klagte – und erreichte eine Minderung des Reisepreises.
MÜNCHEN dpa | Wenn ein deutscher Urlauber in einem ägyptischen Hotel bei einem Sketch mit dem Hitlergruß konfrontiert wird, rechtfertigt das nach Ansicht des Amtsgerichts München eine Reisepreisminderung. In einem am Montag veröffentlichten Urteil sprach es dem Urlauber aber lediglich eine Minderung von 34,45 Euro zu. Der Kläger dagegen hatte 25 Prozent Nachlass auf den Preis von 689 Euro für seine achttägige Pauschalreise nach Scharm el Scheich gefordert und zu den 172 Euro mindestens 500 Euro Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude.
Am vorletzten Reiseabend thematisierte ein Sketch im Hotel die Art des Grüßens verschiedener Völker. Zwei Animateure imitierten den Gruß der Deutschen, indem sie im Stechschritt aneinander vorbeigingen, den linken Arm hoben und laut "Heil" riefen. Dies sei nicht nur unangenehm gewesen, er habe sich als Deutscher auch nicht willkommen gefühlt, argumentierte der Kläger.
Die Richterin wies die Begehrlichkeiten des Klägers aber in die Schranken. Der verunglückte Sketch sei nicht so gravierend, dass die gesamte Urlaubszeit nutzlos vertan wurde. Zudem sei ein geschmackloser Scherz noch lange keine Diskriminierung. Demnach stehe dem Kläger nur eine Minderung für zwei Tage in Höhe von 20 Prozent pro Tag zu, also lediglich 34,45 Euro zu. Das Urteil ist rechtskräftig (Az.: 281 C 28813/09).
Der klagende Urlauber hatte zudem weitere zehn Prozent Nachlass gefordert, weil die Auflage der Sonnenliege, die er normalerweise benutzt hatte, eines Tages weggenommen und einem anderen Urlauber gegeben worden sei. Die Auflage der Sonnenliege gehöre dem Hotel, befand das Gericht und gab dieser Klage nicht statt.
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