Geschlossenes Frauenhaus in Lübeck: Sparen auf Kosten der Frauen
In Lübeck werden die Frauenhaus-Plätze knapp, nachdem eines der beiden Häuser schließen musste. Die schwarz-gelbe Landesregierung will die Frauen über ganz Schleswig-Holstein verteilen.
HAMBURG taz | Einen Monat nach der Schließung des AWO-Frauenhauses in Lübeck ist das verbliebene Autonome Frauenhaus völlig überfüllt. "Abends holen wir die Matratzen raus", sagt dessen Mitarbeiterin Anke Kock. Sogar Sofas würden als Schlafmöglichkeit genutzt. Ausgelegt ist das Frauenhaus für 40 Plätze, derzeit beherbergt es 47 Frauen mit Kindern. Im letzten halben Monat mussten bereits sieben Frauen und 18 Kinder abgewiesen werden. Wegen Platzmangel. "Wir brauchen Platz, damit die Frauen nicht auf der Straße schlafen müssen", sagt Kock.
Das Lübecker AWO-Frauenhaus musste schließen, weil die Zuschüsse vom Land wegfielen - die schwarz-gelbe Landesregierung hatte das Budget für "Maßnahmen gegen häusliche Gewalt" gekürzt. Damit fehlen in Lübeck 42 Plätze. "Die Schließung ist kaum zu verkraften", sagt Sven Schindler (SPD), Sozialsenator der Stadt Lübeck. Er halte die Entscheidung "für den komplett falschen Weg".
In einem offenen Brief beklagen die Mitarbeiterinnen des Autonomen Frauenhauses die Missstände. So wohne eine Mutter mit ihren sechs Kindern in einem Zimmer. "Wir müssen uns gemeinsam an einen Tisch setzen", sagt Mitarbeiterin Kock, "Eile ist geboten."
Eine Möglichkeit, das Platzproblem zu lösen, wäre die Nutzung von Räumen im AWO-Frauenhaus, das inzwischen weitgehend leer steht. Sechs Wohnungen dort wurden schon immer von der Stadt Lübeck finanziert - mit 63.000 Euro im Jahr. Ob die Stadt diese Summe weiter bezahlen wird, entscheidet am 23. Februar die Bürgerschaft.
Für Anke Kock vom Autonomen Frauenhaus ist das nicht genug. Sie fordert, dass die Stadt weitere Plätze für Frauen finanziert. Sozialsenator Sven Schindler jedoch sieht in Sachen Frauenhaus das Land in der Verantwortung: "Die Stadt ist nicht in der Pflicht, sich darum zu kümmern." Er wäre aber bereit, sich mit an einen Tisch zu setzen, sagt Schindler.
Eine Podiumsdiskussion der frauenpolitischen Sprecherinnen der Landtagsfraktionen am Montag brachte keine Lösungsansätze. "Ich fand es ganz enttäuschend", sagt die Linke Antje Jansen. Es sei unverantwortlich, die Frauen in so einer Situation alleine zu lassen, sagt sie.
Um der Platznot Herr zu werden, will die Landesregierung eine Landesdatenbank aufbauen, mittels derer Frauen auf freie Plätze in ganz Schleswig-Holstein verteilt werden sollen. Laut Justizministerium wird es im Februar so weit sein. Diese Lösung sei nicht unbedingt bequem, aber ein Frauenhausaufenthalt sei es auch nicht, so Katja Rathje-Hoffmann, frauenpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion.
CDU und FDP sehen keinen Anlass, ihren Sparkurs bei den Frauenhäusern zu korrigieren: "Wir halten an unserer Position fest", sagt Rathje-Hoffmann. Das Sparpaket sei nun mal beschlossen und werde von der jetzigen Landesregierung auch nicht wieder ausgepackt.
Die Zukunft des AWO-Frauenhauses hängt nun von den Landtagswahlen im Mai ab. Eine neue Regierung werde das Thema Frauenhaus oben auf die Agenda setzen, glaubt SPD-Sozialsenator Sven Schindler.
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