Geschichtsschau auf Rädern: Bahn bremst "Zug der Erinnerung" weiter aus
Wann die rollende Ausstellung endlich öffnen kann, ist noch immer unklar. Die Bahn-Einwände gegen einen Halt im Hauptbahnhof scheinen immer haltloser.
Um den "Zug der Erinnerung" gibt es den nächsten Streit. Nachdem die Deutsche Bahn AG den Betreibern des Gedenkprojekts ihre Wunsch-Haltestelle im Hauptbahnhof aus betriebstechnischen Gründen verwehrt hat, steht nun auch ein Aufenthalt im Ostbahnhof infrage - obwohl ihn das Unternehmen selbst als Alternative angeboten hatte.
Wie Bahn-Sprecher Jens-Oliver Voß sagte, habe die Initiative beantragt, den "Zug der Erinnerung" am Sonntag zwischen 9 und 15 Uhr im Ostbahnhof einlaufen zu lassen. Diesen Termin habe die Bahn bestätigt. Am Freitagnachmittag jedoch teilten die Macher der mobilen Ausstellung auf ihrer Internetseite mit, der Zug werde um 12 Uhr im Ostbahnhof eintreffen.
"Das kann er nach dem derzeitigen Stand nicht", sagte Voß. Weichen müssten programmiert, der Fahrplan müsse angepasst werden. Dem Antrag entsprechend sei es möglich, mit dem Zug um 9 Uhr ein- und um 15 Uhr wieder abzufahren. Er hoffe, "dass da von Seiten der Initiative kein neuer Konflikt konstruiert wird", sagte Voß.
Der Sprecher des Trägervereins, Hans-Rüdiger Minow, bestätigte gegenüber der taz, es habe hinsichtlich der beantragten Zeiten ein "Versehen" gegeben. Tatsächlich werde für Sonntag ein Aufenthalt von 12 bis 23 Uhr angestrebt. Am Montag soll der Zug von 9 bis 19 Uhr am Bahnsteig stehen.
Den Halt am Hauptbahnhof hatte die Bahn mit dem Argument abgelehnt, wegen der Dampflok des "Zuges der Erinnerung" müssten Rauchmelder abgeschaltet werden. Die Ausstellungsmacher haben jedoch die Bereitschaft geäußert, auch mit einer modernen Lokomotive einzufahren. Des Weiteren, so argumentiert der Konzern, brächte eine mehrtägige Haltezeit im Hauptbahnhof den Fahrplan durcheinander. Wie die taz erfuhr, stand allerdings Mitte Oktober 2007 ein 120 Meter langer Werbezug des Elektronikunternehmens Stiebel Eltron zwei Tage lang auf einem der unteren Gleise.
Die Ausstellung im "Zug der Erinnerung" dokumentiert das Schicksal zehntausender von den Nazis deportierter jüdischer Kinder und nimmt insbesondere die Rolle der Reichsbahn bei den Deportationen in den Blick. Für den heutigen Samstag um 18 Uhr sind eine Demonstration und ein Marsch vom Brandenburger Tor zur Bahnzentrale am Potsdamer Platz geplant.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!