piwik no script img

Gerichtentscheid zu Zahngold von TotenDer letzte Glanz ist herrenlos

Wer darf nach einer Einäscherung über verbliebenes Zahngold verfügen? Mit dieser Frage befasste sich das Bundesarbeitsgericht.

Laut Rechtsprechung sind Zahngold und Metalle aus Prothesen nicht automatisch Bestandteil des Erbes. Bild: dpa

ERFURT dpa | Krematorien dürfen Zahngold von Toten nach der Einäscherung an sich nehmen und gegebenenfalls verwerten. Das entschieden die Richter des Bundesarbeitsgerichtes am Donnerstag in Erfurt. In dem Fall ging es um eine Schadenersatzklage der Hamburger Friedhöfe gegen einen ehemaligen Mitarbeiter. Dieser hatte gemeinsam mit Kollegen Gold aus der Asche gesammelt und verkauft.

Innerhalb von acht Jahren waren so rund 31 Kilogramm im Wert von mindestens 250.000 Euro zusammengekommen. Vor Gericht stellte sich aber auch generell die Frage, wem das Zahngold gehört. Den Angehörigen? Dem Krematorium? Oder dürfen es doch Mitarbeiter verkaufen?

Laut Rechtsprechung sind Zahngold und auch Metalle aus Prothesen „herrenlos“ und nicht automatisch Bestandteil des Erbes. Die Richter in Erfurt bestätigten, dass ein Krematorium gegebenenfalls über den Verbleib des Goldes verfügen kann. Ein Eigentum des als „herrenlos“ geltenden Zahngoldes sei daraus nicht abzuleiten, sagte ein Gerichtssprecher.

Möglicherweise hätten Angehörige einen Anspruch auf Herausgabe. Das Gericht wies die Klage an das Hamburger Landgericht zurück. Unter anderem hatte der Vorsitzende Richter Friedrich Hauck Zweifel an den Beweislage. Der Mann war im Juni in einem strafrechtlichen Verfahren zu einer Bewährungsstrafe wegen Störung der Totenruhe verurteilt worden. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.

Der heute 56-Jährige hatte zwischen 2003 und 2011 gemeinsam mit seiner mittlerweile gestorbenen Frau und Kollegen hundertfach wertvolle Metalle aus der Asche an sich genommen. Der ehemalige Bediener der Einäscherungsanlage des Krematoriums war von seinem Arbeitgeber bereits 2005 schriftlich darauf hingewiesen worden, keinen Schmuck oder Zahngold zu sammeln. Als er es dennoch tat, wurde ihm fristlos gekündigt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Das Zahngold wird juristisch wie nen Konchen behandelt oder ein organ. Ist halt ein zum Verbleib im Körper vorgesehender Teil. Man bezahlt auch nicht das Zahngold, sondern die Behandlung, bei der man das Zahngold eingesetzt bekommt. Naja und Organe und Konchen zählen Juristen halt nicht zur Erbmasse. Geht halt strafrechtlich um die Abgrenzug zwischen § 168 I StGB und § 242 StGB. Tut uns echt leid. :(

    • @RossivonSperz:

      Da irren Sie! Die Zahnbehandlung für meine Goldkronen bezahlte seinerzeit noch die Krankenkasse. Zum Material gab's einen kleinen Zuschuss, der sich aber nicht auf das Zahngold selbst bezog. Das Zahngold musste ich als Patient immer selbst zahlen. Heute wird es nicht anders sein, nur dass der Patient auch noch einen Grossteil der Behandlung selbst zahlen muss.

      Wenn man das Zahngold juristisch wie einen Teil des Körpers behandelt sehen möchte, dann muss es auch regelmäßig mit dem Körper bestattet werden; ansonsten hat man es sowohl mit einer Störung der Totenruhe, als auch mit Diebstahl zu tun. Die Störung der Totenruhe dient dabei ja nur vorbereitend zum Diebstahl. Da gibt es aus meiner Sicht nichts abzugrenzen, weil es sich insgesamt um eine Tateinheit nach §52 StGB handelt.

  • Das ist die Kunst der Juristen, aus einem einfachen und klaren Sachverhalt ein Scheinproblem zu machen. Wer sich Zahngold zu Lebzeiten einsetzen lässt, muss dafür bezahlen, erwirbt also Eigentum. Warum das nach dem Tod nicht in die Erbmasse einfließen soll, wie das übrige Eigentum des Verstorbenen ja auch, ist überhaupt nicht nachvollziehbar und gegen jedes Rechtsempfinden.

  • 7G
    738 (Profil gelöscht)

    Ich gönne mein Zahngold den Mitarbeitern des Krematoriums, sollen sie einen auf mich trinken!