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Archiv-Artikel

Gericht hebt Demoverbot in Schwerin auf

Polizei sieht sich überfordert. Doch das Schweriner Verwaltungsgericht lässt die Bedenken nur zum Teil gelten

BERLIN taz ■ Die geplanten Anti-G-8-Proteste von Rechtsextremen in Schwerin beschäftigen nun auch die Justiz: Sowohl die NPD als auch die Organisatoren dreier geplanter Gegenveranstaltungen klagten gestern beim Verwaltungsgericht gegen ein generelles Versammlungsverbot, das die Stadt Schwerin kurzfristig für Samstag ausgesprochen hatte. Mit Erfolg: Das Gericht gab den Klagen weitestgehend statt.

Allerdings verfügten die Richter, dass die Rechtsextremen nicht in der Innenstadt aufmarschieren dürfen. Stattdessen soll ihre Demo nach Schwerin-Süd verlegt werden. Das habe die NPD in ihrem Eilantrag gegen das Verbot auch bereits angeboten, teilte das Gericht mit. Die drei angemeldeten Gegendemonstrationen dürften weiterhin in der Innenstadt stattfinden.

Auslöser des Rechtsstreits: Die Schweriner Stadtverwaltung hatte am Mittwoch sowohl den Aufmarsch der Rechtsextremen gegen den G-8-Gipfel als auch die drei geplanten Protestveranstaltungen dagegen verboten. Die Begründung: Die Polizei könne die Sicherheit in der Stadt nicht gewährleisten. Das Innenministerium habe sich vergeblich in anderen Bundesländern um ausreichende Unterstützung der örtlichen Polizei bemüht. Statt der erforderlichen 3.700 Polizisten seien aber nur 1.900 zugesagt worden. Das sei zu wenig, schließlich müsse man bis zu 10.000 Demonstranten zu den vier Veranstaltungen erwarten – und massive Störungen vor allem aus der Antifa-Szene befürchten.

Dagegen argumentierten nun die Schweriner Richter, von einem polizeilichen Notstand könne nicht mehr die Rede sein, wenn man NPD und Gegendemonstranten stärker räumlich trenne. Schließlich werde auch der Bedarf an Polizisten „erheblich geringer“ sein, wenn die NPD weit abseits aufmarschiere. Gegen den Gerichtsentscheid kann die Stadt beim Oberverwaltungsgericht Beschwerde einlegen.

Für den Fall, dass ihre Demonstration in Schwerin verboten bleiben sollte, kündigte die NPD gestern bereits an, ins nahegelegene Ludwigslust auszuweichen. Dort meldete die NPD-Landtagsfraktion für Samstag eine Ersatzdemonstration mit knapp 2.000 Teilnehmern an. Das Motto: „Für Meinungs-, Rede- und Versammlungsfreiheit“. Nach Auskunft eines NPD-Sprechers soll diese Demo nur stattfinden, falls selbst das Bundesverfassungsgericht das Demoverbot in Schwerin bestätigen sollte.

Auch die Organisatoren der Gegendemos in Schwerin wollen allerdings nicht zu Hause bleiben, falls es doch beim Versammlungsverbot in Schwerin bleibt. Die Jusos meldeten gestern bereits eine neue Gegendemonstration mit 2.500 Teilnehmern gegen den NPD-Aufmarsch in Ludwigslust an.ASTRID GEISLER