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Archiv-Artikel

Gericht ärgert Senat

Der Senat hält die Schulkritik des Kammergerichts für zu pauschal. Andere teilen die richterlichen Bedenken

Von ALL

Der Senat hat die Richterschelte für die Berliner Grundschulen am Montag zurückgewiesen. Die Ausstattung der Grundschulen in Berlin sei im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr gut, erklärte der Sprecher der Bildungsverwaltung, Kenneth Frisse. Mit 4.700 Euro Ausgaben pro Schüler liege Berlin deutschlandweit auf Platz 3. Auch das Betreuungsverhältnis sei besser als anderswo: Auf einen Lehrer kämen in Berlin 17,3 Schüler. „Vor diesem Hintergrund ist es für uns nicht nachvollziehbar, wie der Richter zu einer pauschalen Kritik der Berliner Grundschulen kommt.“

Das Kammergericht hatte Anfang Januar im Fall einer Mutter geurteilt, dass die Alleinerziehende trotz des neuen Unterhaltsrechts nicht gezwungen werden könne, Vollzeit zu arbeiten. Dies widerspreche dem Kindeswohl. Der Vater des Achtjährigen wollte der Mutter keinen Unterhalt mehr zahlen. Dabei bezog sich das Gericht auch auf die Situation an den Berliner Schulen: Es sei zu berücksichtigen, dass „gerade die Grundschulen aufgrund des in Berlin bestehenden Personalmangels gerichtsbekannt ihren Ausbildungspflichten nicht mehr in ausreichendem Maße nachkommen“, heißt es in dem Urteil. Die Lehrer forderten zunehmend von den Eltern häusliche Nacharbeit mit den Kindern, weil der Schulstoff nicht mehr angemessen vermittelt werden könne.

Inge Hirschmann, Vorsitzende des Grundschulverbands, sagte der taz, sie teile die Bedenken des Gerichts. Einige Schulen hätten zu wenig Räume, die für die Nachmittagsbetreuung geeignet seien. Auch das Personal sei vielerorts so knapp berechnet, dass im Krankheitsfall niemand einspringen könne. „Man sollte das Urteil zum Anlass nehmen, nachzubessern, aber nicht das Konzept der Ganztagsschule als solches in den Boden stampfen.“

Die Anwältin der Mutter, Tina von Kiedrowski, hält die Aufregung für übertrieben. „Es geht hier um einen Einzelfall. Die Schulsituation taucht nur am Rande auf.“ ALL

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