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Geplantes GotteshausAuf dem Petriplatz beten alle mit allen

Ein neues Gotteshaus soll christliche, jüdische und muslimische Gläubige einander näherbringen - auf historischem Boden.

Die (letzte) historische Petrikirche - Blick über die Gertraudenstraße im Jahr 1901. Bild: Wikipedia

Auf dem historischen Petriplatz in Mitte soll ein Gotteshaus für Christen, Juden und Muslime entstehen. Zumindest, wenn es nach der evangelischen Petri-Marien-Gemeinde geht. "Gerade in Berlin, wo verschiedene Religionen aufeinandertreffen, ist interreligiöser Dialog wichtig", sagt Pfarrer Gregor Hohberg. Deshalb schlägt seine Gemeinde den Bau eines Gotteshauses vor, das für Christen, Juden und Muslime offen sein soll - rund um die Uhr.

Der vorgesehene Ort ist eine der Keimzellen der Stadt: Auf dem Petriplatz, dem Zentrum des mittelalterlichen Cölln, wurden seit dem 13. Jahrhundert nacheinander vermutlich fünf Kirchen errichtet. Von der letzten blieben nach dem Zweiten Weltkrieg nur Ruinen übrig, sie wurden 1964 gesprengt. "Auf den historischen Fundamenten dieser Kirchen wollen wir einen Sakralbau errichten, der in die Zukunft weist und zum Stadtfrieden beiträgt", so Hohberg.

Als Partner hat der Pfarrer den Evangelischen Kirchenkreis Stadtmitte, die Jüdische Gemeinde und das muslimische "Forum für interkulturellen Dialog" (FID) gewonnen. "Wir haben eine Arbeitsgruppe gebildet und wollen bald einen Verein gründen", so Hohberg. Von einer "Botschaft in die Welt" spricht der FID-Vorsitzende Ercan Karakoyun. "Es ist an der Zeit, dass Christen, Juden und Muslime ihren Dialog vertiefen und Vorurteile abbauen." Er verweist auf ein ähnliches interreligiöses Haus in Moskau.

Dass Christen, Juden und Muslime gemeinsam in einem Raum beten, können sich die Initiatoren dann aber doch noch nicht vorstellen. Deshalb sollen die Religionen vorerst getrennt praktiziert werden. "Mir schwebt ein Saal vor, der von Glastüren in drei Räume getrennt wird", sagt Rabbiner Tovia Ben-Chorin von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. "So können alle Gläubigen gleichzeitig beten, jeder in seiner eigenen Art und Weise." Die drei Räume sollen sich aber zu einem großen Saal öffnen lassen.

Als Nächstes planen die Projektpartner und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einen Architekturwettbewerb. Der könnte schon im Juni beginnen. Eigentümer des Areals ist seit 1964 das Land. Die bisherigen Pläne der Stadtentwicklungsverwaltung, auf dem Petriplatz ein archäologisches Zentrum zu errichten, soll der Vorschlag der Petri-Marien-Gemeinde nicht behindern. "Das archäologische Zentrum wird auf den Fundamenten einer ehemaligen Lateinschule errichtet, das neue Gotteshaus soll daneben auf den Fundamenten der Petrikirchen entstehen", sagt Pfarrer Hohberg.

Ob auch die evangelische Landeskirche das Bauvorhaben unterstützen wird, ist noch offen. Der Sprecher der Landeskirche, Volker Jastrzembski, nennt den Vorschlag zwar "innovativ", äußert aber Bedenken: "Es erscheint mir fraglich, ob das Projekt breit genug aufgestellt ist, um einen interreligiösen Dialog zu gewährleisten." Schließlich seien weder die katholische Kirche noch der Ökumenische Rat Berlin-Brandenburg in die Planungen einbezogen gewesen. Und mit dem FID unterstütze nur ein einziger muslimischer Verband das Vorhaben. Auch will eine andere Initiative ein multireligiöses Zentrum auf dem Tempelhofer Feld errichten. Die Landeskirche werde wohl nur eines der Projekte unterstützen.

Wer die Kosten für den Neubau übernimmt, ist noch nicht geklärt. Nach Pfarrer Hohberg will die evangelische Kirchengemeinde selbst den Neubau stemmen - er rechne nicht mit Zuschüssen.

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12 Kommentare

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  • H
    Hansi

    Hallo Frau Reyhan Bolat, inwieweit hat Ihnen denn die Taz das Wort verboten? Aus den Kommentaren wird das ja nicht deutlich, wenn z.B. ein Kommentar von Ihnen nicht veröffentlicht wurde. Das mit dem "eigenen Kommentarbereich" ist ironisch gemeint, oder?

     

    Hallo Taz, es wäre für die anderen Leser hilfreich, wenn Sie zumindest deutlich machen, wenn ein Kommentar "zensiert" wird und warum.

  • GN
    Graf Nitz

    Tolle Idee! Wobei eine staatlich gesponsorte Moschee besser wäre, quasi als "Versöhnungsangebot" wegen der jahrelangen Gängelung.

  • RB
    Reyhan Bolat

    Schon klar, Andersgläubigen hier ein fach das Wort verbieten.

     

    Die TAZ sollte, wenn sie denn so "bunt" ist wie alle meinen, einen eigenen Kommentarbereich für Muslime einrichten.

  • H
    Hansi

    Hallo Frau Helena, ob muslimische Frauen und Männer gemeinsam beten hängt von der Moschee ab. In manchen, z.B. der Bolle-Moschee am Görlitzer Bahnhof in Kreuzberg, ist das wohl üblich. Gemeinsam ist allen Moscheen — und das haben sie mit Kirchen, Synagogen und Tempeln gemein — nur, daß die Gebete nicht erhört werden, weil die jeweils angerufenen Götter nur imaginär sind.

  • F
    Fritz

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    Die Idee ist nicht schlecht, jedoch etwas naiv. In der Praxis ist es, zumindest in Österreich, so, dass Religionsübergreifende Veranstaltungen eigentlich fast nur von Christen besucht werden. Ebenso werden Christlich/Islamische Dialoge eigentlich immer zum Monolog, weil praktisch nie ein Muslim bei solchen Gelegenheiten auftaucht.

    Glaubt Ihr wirklich dass sich Muslime bei ihren Gebeten freiwillig, nur durch eine Glaswand getrennt,von Anders bzw. Ungläubigen zusehen lassen?

    Hier wäre Geld besser investiert, wenn die Kirchen sich um ihre Schäfchen aktiv kümmern würden.

  • H
    Hansi

    Frau Reyhan Bolat, bei Ihnen geht ja wohl einiges durcheinander.

     

    Erstens verwechseln Sie die muslimische Religion mit Arabern und Türken. Ich habe arabische und türkische Freunde und Bekannte, die keine Muslime sind und Gott genausowenig benötigen wie die meisten anderen Berliner auch. Was hat die Sprache mit der Religion zu tun?

     

    Zweitens gibt es keine Quoten für Muslime (wie es sie auch nicht für Christen, Juden, Hindus, Buddhisten oder Atheisten gibt), weil der Glaube Privatsache ist und es niemanen etwas angeht, an wieviele Götter jemand glaubt. Es gibt allerdings leider Bereiche, in denen eine Kirchenmitgliedschaft stark karriereförderlich ist, z.B. in der Politik, in den öffentlich-rechtlichen Medien und im sozialen Bereich.

     

    Drittens wehren sich immer mehr Menschen in Deutschland, besonders die Jugend, gegen die christliche Hoheit über die Feiertage. Tausend haben in Frankfurt gegen das Tanzverbot demonstriert. Die Bevormundung durch Staat und Kirche trifft die Mehrheit der Bevölkerung, egal ob sie Muslime, Christen oder konfessionsfrei sind.

     

    Ihre Argumentation bestätigt mich in meinem (Vor?) Urteil, daß Religion die Menschen spaltet, statt sie zueinander zu bringen.

  • M
    mar

    "(Beleidigende Passage gelöscht. Bitte zivile Umgangsformen, sonst Zensur, d. Red.)"

     

    Och Redaktion, ihr seid vielleicht welche! Reyhan Bolat darf schreiben "stattdessen zwingt man uns Euren "Glauben" auf und nötigt und Eure "Feiertage" wie diesen Freitag einzuhalten. Darauf spucke ich!!" Aber ich darf ihr nicht empfehlen, die Spucke aufzuwischen? Sie darf unseren Glauben in Anführungszeichen setzen, als wär er gar keiner? Würde ich das mit Reyhan Bolats Glauben machen -- was mir ferne liegt --, würdet ihr das zensieren, ja? Dann bitte löscht auch Bolats Aussage, auf den höchsten christlichen Feiertag zu spucken!!

     

    Die Empfehlung mit der Hausarbeit war völlig ernst gemeint. Ich mache feiertags oft, weil ich sonst keine Zeit habe. Was ihr da reindenkt, ist das Verfängliche, nicht was ich gemeint habe.

     

    Mar

     

    Okay, akzeptiert. D. Red.

  • M
    mar

    @Reyhan Bolat: Nein, niemand zwingt Sie, den Karfreitag als Feiertag einzuhalten. Sie können gerne arbeiten. Nur sind eben die Läden geschlossen und der Betrieb, in dem Sie arbeiten, wohl auch.

    (Beleidigende Passage gelöscht. Bitte zivile Umgangsformen, sonst Zensur, d. Red.)

    Wollen Sie im Ernst, dass es gar keine Feiertage gibt, nur weil die Feiertage hier nicht *Ihre* Feiertage sind? Also Abschaffung des Sonntags? Nur Alltage? Oder sollen es denn partout die muslimischen Freitage sein (pardon, außer Karfreitag natürlich, der wird ein Arbeitstag)? Mir ist das egal, ich würde auch am Freitag einen christlichen Gottesdienst besuchen -- wenn man mich lässt. Würden Sie mich lassen?

     

    Sie schreiben "..keine muttersprachlichen Angebote im kulturellen Bereich, keine Gymnasien auf arabisch/türkisch, keine Studienplatzquoten/kontingente für Muslime". Meine Güte! Ich sehe ständig kulturelle Angebote auf Türkisch, ich habe Freunde, die türkisches Radio und türkische Konzerte machen, was wollen Sie bloß? Inszenieren Sie doch ruhig Shakespeare auf Türkisch und verkaufen Sie die Karten, tun Sie's! Schulen kann man gründen, auch Privatgymnasien -- tun Sie's doch endlich!! Soll der blöde Staat, der den Karfreitag vorschreibt, wieder alles für Sie machen? Und das mit der Quotierung von Studienplätzen nach Religion vergessen Sie mal schnell wieder, das war Ihnen wahrscheinlich gleich nach dem Abschicken des Kommentars schon peinlich... gibt ja ne Verfassung hier... aber das kann jedem mal passieren, dass man zu schnell auf "Abschicken" klickt.

     

    Gesegnete Ostern!

  • RB
    Reyhan Bolat

    Ich als Muslima finde das Vorhaben zwar der grundsätzlichen Idee nach ganz gut, von der geplanten Umsetzung aber halte ich wenig.

     

    Es ist ziemlich respektlos, wenig kultursensibel und insgesamt typisch doitsch. #

     

    Angesichts der Verfolgung (bis hin zu tätlichen Angriffen in der Öffentlichkeit) und Diskriminierung (keine muttersprachlichen Angebote im kulturellen Bereich, keine Gymnasien auf arabisch/türkisch, keine Studienplatzquoten/kontingente für Muslime) wäre ein klares Signal, dass Muslime in dieser ach so bunten und offenen "Demokratie" erwünscht sind, sinnvoller gewesen.

     

    Aber nein, stattdessen zwingt man uns Euren "Glauben" auf und nötigt und Eure "Feiertage" wie diesen Freitag einzuhalten. Darauf spucke ich!!

  • H
    Hansi

    Offenbar kennt die Toleranz des Pfarrers enge Grenzen, nämlich die der abrahamitischen Religionen. Sonst hätte er vielleicht auch an Hindus, Buddhisten und die weiteren hunderten Religionsgemeinschaften, die in Berlin vertreten sind, gedacht. Nun, seine Sache, solange der Staat sich aus der Finanzierung heraushält. Die große Mehrheit der Berliner ist konfessionslos und braucht keine (institutionalisierten) Götter.

  • H
    helena

    Dürfen sich denn Frauen in dem Raum aufhalten, darf man das einem gläubigen Moslem zumutten?

     

    Der Spass ist bei diesem Projekt vorprogrammiert und Es zeugt von der Ahnungslosigkeit der Ideengeber.

  • H
    Hatem

    Wers glaubt wird selig.

    Das Schöne an dem Projekt ist: Die Zeit wirds zeigen.