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■ Die Russen zum US-WahlkampfGeorge Bush siegt in Moskau

Moskau (taz) – Präsident Bush könnte sich seiner Sache sicher sein: fänden die Präsidentschaftswahlen in Moskau statt. Satte 44 Prozent der Moskowiter gaben nach einer Umfrage des Instituts für Parlamentarismus dem Altpräsidenten ihr Vertrauen. Lediglich 13 Prozent entschieden sich für Clintons frisches Gesicht. Ross Perot mußte sich mit einem mickrigen Hundertstel zufriedengeben. Allein Moskaus neue „businessclass“ baute mit 7 Prozent auf den amerikanischen Traum.

Besonders Moskaus Hausfrauen bevorzugen Bill mit über einem Viertel der Stimmen. Übertroffen nur noch von den 33 Prozent aus dem Lager der Arbeitslosen. Die Jugend unter zwanzig geht ebenfalls mit Clinton, während er nur 5 Prozent der über 60jährigen für sich gewinnen konnte.

Umfrage hin oder her: eigentlich begegnen die Russen dem US- Wahlkampf leidenschaftslos. Obwohl er sie ein wenig interessieren sollte. Schließlich ist der Dollar hier wie dort Zahlungsmittel. Wirtschaftliche Malaise in den USA? Der Russe zuckt nur mit den Schultern. Gegenüber dem Rubel steigt der Dollar schwindelerregend – und das Tag für Tag. „Kakaja rasniza“ – wo ist da der Unterschied – ob Bush oder Bill? fragt sich der Bürger und auch die renommierte Tageszeitung Iswestija.

Was ihn bei einem Umzug Clintons ins Weiße Haus erwarte, wollte Präsident Jelzin kürzlich wissen. Das Institut für Nordamerika- und Kanada-Studien gab nur vage Auskünfte. Clintons innenpolitische Kampagne wirft mageres Material für die russischen Analytiker ab. Soviel scheint dennoch klar: am grundsätzlichen Kurs der USA wird sich nichts ändern. Die derzeit warmen Beziehungen zwischen Washington und Moskau würden hingegen vorübergehend „auf Eis gelegt“. Das sei ganz natürlich, beruhigt der außenpolitische Experte Andrej Kortunow. Nach zwölf Jahren republikanischer Ägide müsse Clinton mit seinem Team wieder bei Null anfangen.

Politiker halten immer an den „old buddies“ fest, „dem Teufel, den man schon kennt“, meinte US- Botschafter Bob Strauß in Moskau. Jelzin mache sich mehr Gedanken über den Abtritt Bushs als über den Antritt Clintons. Ganz so pragmatisch sehen Jelzin und seine Umgebung einen Wechsel zu den Demokraten wohl doch nicht. Hier offenbart sich die Einheit zwischen Volk und Führung. Man befürchtet, die Demokraten würden Bushs moskauzentrierten Kurs nicht fortsetzen und die Gewichte mehr in Richtung der anderen Nachfolgestaaten der UdSSR verschieben. Vertrat Bush mit der Anerkennung Rußlands als legitime Nachfolgerin der Sowjetunion eine Status-quo-Politik, werden die Demokraten womöglich flexibler auf Veränderungen in diesem Teil der Welt reagieren. Clinton habe zu verstehen gegeben, schrieb die Iswestija, daß er entschiedener und härter die Irreversibilität des Zerfalls des sowjetischen Imperiums garantieren und diesen Prozeß im Interesse der USA nutzen werde ...

Fast lückenlos ließen sich hier die jüngsten Äußerungen des russischen Parlamentsvorsitzenden Ruslan Chasbulatow anfügen: Er behauptete, die Gerüchte, Clinton hätte vor mehr als zwanzig Jahren Kontakte zum sowjetischen Geheimdienst unterhalten, seien vom KGB als eine gutgemeinte Wahlkampfhilfe für Bush ausgestreut worden. Chasbulatow seinerseits gilt nicht als eine der zuverlässigsten Quellen. Das gleiche meinte aber auch Natascha: Wenn Bush es schafft, dann ist es ein Beweis für die anhaltende Funktionstüchtigkeit unserer „alten Organe“. Der Glaube an sie ist ungebrochen. Bei Moskaus Buchmachern allerdings nicht. Hier läuft der Trend für Clinton. Klaus-Helge Donath

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