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Genug von Sat.1

Petra Kelly und Kronzeuge Gert Bastian rechnen ab  ■ Aus München Christian Weber

Nach fünf Monaten bei Sat.1 hat Petra Kelly vorerst genug vom Kommerz-TV. Eigens für sie und ihren Lebensgefährten Gert Bastian veranstalteten die bayerischen Grünen in München eine Pressekonferenz. Gemeinsames Fazit: Die Sat.1-Redakteure betreiben Umweltjournalismus eher aus modischen Gründen und haben von Ökologie wenig Ahnung. „Traurig, daß die Privaten nicht von Sex und Schnulzen wegkommen.“

Kelly sagte, sie habe gegen die Zensur ihrer Moderationstexte kämpfen müssen. Die Redaktion habe ihr empfohlen, „nicht mit der Atomindustrie abzurechnen“. Ein anderes Mal wollte man ihren Hinweis auf Dioxin in deutscher Muttermilch ganz streichen. Sie widersprach Sat.1-Chefredakteur Michael Rutz, der erklärt hatte, es sei nur darum gegangen, diese Aussage zu differenzieren. Kelly: „Ich kenne den Unterschied zwischen Redigieren und Rausstreichen.“ Ex-MdB Bastian berichtete, der zuständige Redakteur habe einen „schweinischen Ton gegenüber Petra“ geführt. Dem „ökologischen Analphabeten“ sei es schwergefallen, etwa Giftmüll von Hausmüll zu unterscheiden.

Kelly widersprach Vorwürfen von Rutz, sie habe Aufnahmetermine platzen lassen. Gerade 2 von 16 Terminen hätten verlegt werden müssen: einmal habe sie unter einer Nierenkolik gelitten, das andere Mal mußte Bastian nach einem Unfall operiert werden. Sie habe sich über ihre Pflichten hinaus engagiert: Bis zu 80 Briefe pro Sendung habe sie bearbeitet, während sich die Redaktion darum nicht gekümmert habe. Ihre Anregungen seien selten aufgenommen worden — so der Vorschlag, am Ende der Sendung Kontonummern von Hilfsorganisationen einzublenden oder Umweltverbände im Abspann zu Wort kommen zu lassen. Ihre Initiative für eine „scharfe Sendung“ über den Rio-Gipfel sei in der Schublade verschwunden. Nachdem die Sat.1-Chefredaktion ihr die Moderation der Sendung entzogen hat, habe sie sich entschieden zu kündigen. Nun ist ihr Anwalt an der Reihe: Er muß bei dem — so Kelly — „schlampigen Verein“ zwei ausstehende Monatshonorare eintreiben.

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