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Gentrifizierung in KreuzbergForscher fordert forschen Kiez

Ein Studie belegt: In Kreuzberg steigen die Mieten, ein Ende ist nicht absehbar. Die Politik ist weitgehend machtlos. Nun fordern Forscher die Bürger zum Protest auf.

Trotz merkwürdiger Bräuche der Eingeborenen wie das Werfen mit verfaultem Obst zieht es immer mehr Reiche nach Kreuzberg. Bild: AP

Angesichts überdurchschnittlich steigender Mietpreise in den beliebten Kreuzberger Kiezen hat der Stadtforscher Sigmar Gude die Bevölkerung zu mehr Engagement aufgefordert. In Zeiten, in denen der Politik "nahezu alle Zähne gezogen" worden seien, sollten sich Initiativen durchaus bemerkbar machen, sagte Gude am Mittwoch der taz. Auch Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) bekannte bei der Vorstellung einer Studie über Luisenstadt, Bergmannstraße-Nord und Graefekiez, dass die Handlungsmöglichkeiten der Bezirkspolitik in den vergangenen Jahren stark eingeschränkt worden seien.

Die drei Viertel sind vor allem für junge, kinderlose Gutverdiener attraktiv geworden. Gude vom Institut Topos wollte zwar noch nicht von flächendeckender Verdrängung sprechen, warnte aber vor dem anhaltenden Trend. "Die Entwicklung hat begonnen, ist aber noch nicht abgeschlossen", sagte er.

Die Luisenstadt (SO 36) bleibt laut der Studie eines der sozialstrukturell schwächsten Gebiete der Stadt. Allerdings sind die Mieten für große Wohnungen seit 2005 um etwa 20 Prozent gestiegen. In der Gegend um das Paul-Lincke-Ufer sieht Topos Gentrifizierungsansätze. Auch rund um die Graefestraße ist das Mietniveau stark angestiegen. Dort beobachtete Gude Verdrängungsprozesse in den modernisierten Wohnungen.

Das Viertel Bergmannstraße-Nord hat dies schon vor Jahren erlebt, dort ist die Entwicklung nun zwar moderat - aber auf hohem Niveau. Die Bergmannstraße gilt für Zuzügler aus Westdeutschland als eine der gefragtesten Adressen. Die Topos-Studie soll in den kommenden Tagen online gestellt werden.

Graefekiez und Luisenstadt stehen seit 1995 unter Milieuschutz, Bergmannstraße-Nord kam 2003 dazu. Die Regelung besagt, dass Änderungen in den Gebäuden, Nutzungsänderungen, Rückbau und teils die Errichtung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen. Die Politik kann damit Sanierungen verhindern, die erhebliche Mietsteigerungen nach sich ziehen würden - etwa den Einbau eines Fahrstuhls oder eines zweiten Bades.

"Ziel ist, die Zusammensetzung der Bevölkerung zu bewahren", sagte Schulz. Allerdings gab er zu, das Instrument sei ausgehöhlt - durch politische Entscheidungen auf höheren Ebenen und eigentümerfreundliche Gerichtsurteile. Er wünschte sich mehr Gestaltungsspielraum für die Politik. "Der Staat braucht Steuerungsinstrumente, sonst wird es nicht besser."

Auch John Dahl (SPD), Vizevorsitzender des Stadtplanungsausschusses im Bezirk, sieht in den mangelnden Handlungsmöglichkeiten ein Problem. "Man muss sich überlegen, ob man nicht wieder auf das Element des sozialen Wohnungsbaus zurückgreift", sagte er.

Die Durchschlagskraft von Bürgerinitiativen wie "Spreeraum für alle" beurteilte Dahl hingegen kritisch. Auch Gude weiß nicht, ob sich Bürger effektiv gegen massive Umstrukturierung in ihren Kiezen wehren können. Einen Versuch sei es aber wert, sagte er: "Ich habe den Leuten in Prenzlauer Berg schon vor Jahren gesagt, dass sie zu brav sind. Zum Glück sind die Kreuzberger da bärbeißiger."

Die Aktivisten von den "Spreepirat_innen" haben für den 29. November eine Demonstration gegen steigende Mietpreise angekündigt.

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