piwik no script img

Gentechnik"100-Prozent-Garantie gibt es nicht"

Schon heute können Gen-Spuren im Essen stecken, sagt Michael Warburg vom Unilever. Das von der Regierung neu geplante Label "Ohne Gentechnik" lehne der Konzern ab.

Unilever als Buhmann: 2003 protestierte Greenpeace gegen Gensoja in Margarine. Bild: dpa

Herr Warburg, wird auf Ihrer Margarine bald ein Label "ohne Gentechnik" prangen?

GENTECHNIKGESETZ IM KABINETT

Die Regierung will die Kennzeichnung von Lebensmitteln "ohne Gentechnik" neu regeln. Fleisch oder Milch sollen künftig als gentechnikfrei gelten, wenn im Trog der Tiere kein genverändertes Futter landet. Genveränderte Zusatzstoffe wie Vitamine dürfen nur zugesetzt werden, wenn sie anderweitig weltweit nicht zu bekommen sind. Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) will die Verordnung dazu im Herbst vorlegen. Die Industrie kann das Label nutzen, muss es aber nicht. Verbraucher sollen sich jedenfalls für oder gegen Gentechnik entscheiden können. Hintergrund: In diesen Tagen wird das Kabinett ein neues Gentechnikgesetz verabschieden, das Genpflanzen auf dem Acker fördern soll. Zwischen Genmais und herkömmlichen Pflanzen wird ein Sicherheitsabstand von 150 Metern eingeführt; der zu Ökomais soll doppelt so groß sein. Bauern können diese Abstände jedoch umgehen, wenn sie - nach genauen Regeln - private Absprachen treffen. Umweltschützer kritisieren diesen Passus besonders. Sie fordern, auf Genpflanzen zu verzichten, da diese sich unbemerkt ausbreiten könnten. Der Bauernverband rät Mitgliedern auch von Genmais ab, aber aus anderem Grund: Ihm sind die neuen Vorschriften zu strikt. Nach dem Kabinett beraten Bundesrat und Bundestag. HG

Michael Warburg: Nein, wir werden das Label, nicht nutzen. Das heißt: Die Neuerungen, die die Regierung mit dem Gentechnikgesetz plant, ändern für uns nichts. Denn diese Regelung wird es nur in Deutschland geben. Wir verkaufen unsere Produkte aber weltweit. Es wäre für uns viel zu aufwendig jede nationale Kennzeichnung zu berücksichtigen.

Aber Sie drucken doch extra Etiketten - in deutscher Sprache. Da wäre "Ohne Gentechnik" kein Qualitätsmerkmal, mit dem sich werben lässt?

Wir brauchten doch bisher auch keine spezielle Auslobung. Dabei produzieren wir unsere Waren schon immer ohne Gentechnik. Das garantieren wir auch unseren Abnehmern.

In Margarine steckt aber Soja. Und das meiste Importsoja ist gentechnisch verändert. Wie kontrollieren Sie Ihr Angebot?

Gentechnik ist bis zum Grenzwert von 0,9 Prozent nicht kennzeichnungspflichtig. Daran orientieren wir uns. Und wir haben dafür ein aufwendiges Kontroll- und Zertifizierungssystem. Zunächst wird das Saatgut kontrolliert, dann die geerntete Sojabohne, später das gewonnene Öl und das Endprodukt. Das machen akkreditierte Prüfer. Bis eine Margarine auf den Markt kommt, ist ein Aktenordner voll mit Zertifikaten.

Gentechnik-Spuren können in Cornflakes oder Schokolade aber drin sein?

Die 100-Prozent-Garantie gibt es nicht. Weltweit können Spuren von Gentechnik vorhanden sein. Sie können auch keine Pannen ausschließen - wenn wie vor knapp einem Jahr Genreis unter herkömmliche Produkte gemischt wird.

Welches Risiko birgt die Gentechnik?

Keins, aber die Verbraucher wollen sie nicht. Noch fehlen die Produkte, die den Kunden von den Vorteilen überzeugen.

Sie meinen, die Verbraucher würden zugreifen, wenn Genfood zum Beispiel billiger ist als herkömmliche Lebensmittel?

Das ist gut möglich. Die Abneigung kippt sicher auch, wenn durch Gentechnik der Fettgehalt von Lebensmitteln gedrosselt werden kann. Große Untersuchungen gibt es zu diesem Thema allerdings noch nicht.

Entwickeln Sie denn solche Lebensmittel?

Wir forschen nicht daran. Die Lebensmittelindustrie hat diese Möglichkeiten nicht. An der Entwicklung von Genfood arbeiten vor allem Saatgutfirmen wie Monsanto.

Werden Sie Rohstoffe aus anderen Ländern als Deutschland beziehen, wenn die Gentechnik hierzulande öfter auf den Acker kommt?

Wir erwarten keinen Schub für die Gentechnik hierzulande - auch nicht durch das neue Gentechnikgesetz. Zudem kaufen wir generell weltweit ein. In Deutschland wird zum Beispiel gar nicht genug Raps für unsere Margarine angebaut. Die Bauern machen daraus mittlerweile Biodiesel und Energie. Wir beziehen Raps etwa aus Kanada.

Ausgerechnet aus Kanada, wo der Genraps in großem Stil angebaut wird und sich unkontrolliert ausbreitet?

Wir haben bisher kein Problem damit. Fänden unsere Tester Verunreinigungen, würden wir Konsequenzen ziehen. Langnese zum Beispiel bezieht heute keinen Honig mehr aus Kanada, seit 1995 einmal Genpollen in dem Produkt aufgetaucht sind.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • S
    seebaerli

    "Es waere fuer uns viel zu aufwendig jede nationale Kennzeichnung zu beruecksichtigen."

    Hier haben wir wieder mal ein typisches Beispiel wie Globalisierung, Marktoeffnung und die WTO funktionieren. Es wird keine Ruecksicht genommen. Das ist Programm.