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Archiv-Artikel

kommentar: neue nrw spd Genossin Trümmerfrau

Eine einst stolze Partei scheint am Ende. Die Macht ist verloren, die Moral in der Mitgliedschaft niedrig. Das war die Lage der CDU vor fünf Jahren, als Angela Merkel nach der Parteispendenaffäre Vorsitzende wurde. Die CDU-Trümmerfrau war erfolgreich – und könnte bald die erste Bundeskanzlerin werden.

Die Rolle der neuen NRW-Oppositionsführerin Hannelore Kraft ist durchaus vergleichbar. Wie Merkel muss die SPD-Trümmerfrau Kraft eine Partei aus der Depression führen. Die NRW-SPD ist nach 39 Regierungsjahren schlecht vorbereitet auf die Opposition. Zudem wird es Kraft ähnlich wie Merkel in den kommenden Jahren mit zahlreichen (meist männlichen) Gegnern aufnehmen müssen. Zu viele Ex-Regierungsmitglieder drängen jetzt nach den wenigen Rest-Pöstchen bei der NRW-SPD.

Wenn Kraft einen Neuanfang will, sollte sie zunächst mit der Genossenschaft diskutieren, was die Ursachen der Wahlniederlage vom 22. Mai waren. Ein beliebter Denkfehler in der SPD geht so: „Schuld sind die Arbeitsmarktreformen der Schröder/Fischer-Regierung – Basta!“ Das ist ein bisschen schlicht.

In Wahrheit hat das (ausgerechnet von NRWler Wolfgang Clement zu verantwortende Hartz-IV-Chaos) die Krise der Landes-SPD nur verschärft. Hauptursache der Niederlage ist nicht das Arbeitslosengeld II, sondern die Machtarroganz vieler führender Genossen in Regierung und Partei. In fast allen Politikfeldern sind Fehlentscheidungen getroffen worden, die der SPD nachhaltig geschadet haben.

Wenn sich die Partei zu dieser Fehleranalyse nicht durchringen kann, wird Hannelore Kraft nicht die letzte SPD-Trümmerfrau in NRW bleiben. MARTIN TEIGELER