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Genossenschaft vernichtet günstigen WohnraumElisa wird abgerissen

Die Vereinte Wohnungsbaugenossenschaft reißt Komplex aus den 20er Jahren ab, um lukrativ neu zu bauen - gegen den Willen der Mieter.

Wird 2014 abgerissen: Wohnkomplex Elisa in Hamm. Bild: Linda Schneider

Die Wohnanlage Am Elisabethgehölz in Hamm-Nord, genannt „Elisa“ wird abgerissen. Gestern erhielten die Mieter des Klinkerbaus ein entsprechendes Schreiben der Vereinigten Wohnungsbaugenossenschaft (VHW), 2014 soll der Abriss beginnen. Den Mietern wurde ein Rückkehrrecht und eine Anfangsmiete von 5,90 pro Quadratmeter zugesagt.

Laut einem Vertreter der Mieterinitiative „Rettet Elisa“ sind die Mieter über den bevorstehenden Abriss wenig überrascht. In den letzten Wochen wurde der ruhende Abrissantrag wieder neu diskutiert, da dieser nur bis zum 28. 2. ausgesetzt war. Vergangene Woche ging der Antrag entsprechend im Unterausschuss für Bauangelegenheiten in Hamm-Nord ein, der dagegen stimmte. Trotzdem kam der Prozess um die Abrissgenehmigung ins Rollen.

Am kommenden Montag hätten sich Mieterinitiative, Bezirkspolitiker und Genossenschaft zum 6. Runden Tisch treffen sollen. Laut Mieterinitiative bestand die Vereinbarung, in dieser Runde gemeinsam über die Zukunft der Wohnanlage zu entscheiden. Dem ist die VHW nun zuvor gekommen.

Die VHW habe mit dem Abriss an Politikern und Mietern vorbei entschieden, sagt ein Mieter der Wohnanlage. Marco Hahn, Vorstand der VHW widerspricht dem jedoch: „Der 6. Runde Tisch sollte nur noch der Verkündung unseres Beschlusses dienen. Die Initiative ’Rettet Elisa‘ muss einsehen, dass es keine Sanierung mehr geben wird“, sagt Hahn.

Die VHW stützt ihre Abriss-Entscheidung auf ein Gutachten des Architektur-Büros Dittert & Reumschüssel. Darin heißt es, dass die vorgeschlagenen Sanierungsvarianten für das Gebäude aufgrund der Statik nicht realisierbar seien. Allerdings enthält die Genossenschaft den Mietern der Wohnanlage besagtes Gutachten vor.

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3 Kommentare

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  • L
    LiFelder

    Jetzt geht es auch in Berlin los.-

    Der Vorstand der "Märkische Scholle e.G." hat den Mitgliedern im Ortsteil Lichterfelde ein umfangreiches "Sanierungsprogramm" verkündet. Wer Glück hat, darf in seiner Wohnung bleiben; Andere sollen eben mal für 1/2 Jahr ausziehen. Die Verlierer jedoch trifft es hart: 8 Häuser aus den 30er Jahren mit ca. 110 kleinen, günstigen Wohnungen sollen zugunsten einer Neubebauung abgerissen werden! Das nennt sich "Bestandsersatz". Für die jetzigen Bewohner ist bisher keine Rückkehr in die Neubauten vorgesehen. Und wer später doch zurück möchte wird wohl sein Budget erhöhen müssen. Die "Genossenschaft" stellt gerade einen Neubau in Ku'dammnähe fertig, ein Musterstück mit Nettokaltmieten ab 11,50 EUR pro Quadratmeter.

    Sämtliche Planungen finden natürlich ohne Einbeziehung der Mitglieder statt.

    Sicher Wohnen in der Genossenschaft? Das wird man bald nur noch aus Erzählungen kennen.

  • BU
    Barbara Uduwerella

    Ich verweise noch einmal auf den Artikel zur VHW vom letzten Jahr.

    http://www.taz.de/!105647/#send-comment

    Was damals in der TAZ über die Höhe der Sanierungskosten ausgesagt wurde, wurde durch die VHW im Abendblatt widerlegt.

     

    Zitat:"...Um seine These zu belegen, hat Reinig sich die von der vhw vorgelegten Finanzierungsmodalitäten genauer angeschaut und verglichen, welche Kosten die Genossenschaft bei einer Sanierung und welche Kosten sie bei einem Neubau tragen müsste.

    Bei einem Neubau summieren sich die Kosten auf rund 24,4 Millionen Euro. Weil öffentlich geförderte Wohnungen entstehen sollen, kann die vhw 80 Prozent der Kosten über Fördermittel und Kredite finanzieren. Da die Genossenschaft den Grundstückswert gegenrechnen könne, müsse sie bei einem Neubau lediglich rund 2,5 Millionen Euro aufbringen, sagt Reinig. Die Stadt stellt zinsgünstige Kredite und Zuschüsse in Höhe von rund 13,5 Millionen Euro zur Verfügung.

    Die Sanierungskosten beziffert die vhw mit etwa 11,4 Millionen Euro. An Fördermitteln würde die Stadt lediglich drei Millionen Euro zur Verfügung stellen. Die Genossenschaft müsste 7,4 Millionen Euro aufbringen - also fast vier Millionen Euro mehr als bei einem Neubau. "Betriebswirtschaftlich gesehen ist die Sanierung leider teurer", sagt vhw-Chef Hahn. "Die öffentlichen Fördermöglichkeiten liegen derzeit deutlich mehr im Bereich des Neubaus."

    Aus Sicht der Genossenschaft wäre ein Neubau nicht nur günstiger, sondern auch nachhaltiger. Man hätte ein neues Gebäude mit größeren und moderneren Wohnungen, sagt Hahn. Zudem läge bei einer Neuvermietung der Quadratmeterpreis bei 5,90 Euro und damit unter den sieben Euro, die nach einer Sanierung fällig würden...."

     

    Warum sollen alle Genossenschaftsmitglieder für einen Nachkriegsbau die Sanierungskosten tragen, wenn der Neubau für ALLE Genossenschaftsmitglieder preiswerter und sinnvoller ist? In Hamm gibt es für junge Familien kaum entsprehend große Genossenschaftswohnungen. Wir hatten auch viele Einwände und ABER WENN... zu verkünden, als unser Block modernisiert wurde, aber jetzt sind wir froh darüber, weil wir deutlich weniger Heizkostsen haben. s. Kommentare

  • F
    FLUWOG-Effekt

    Offensichtlich regieren immer mehr Vorstände der Wohnungsbaugenossenschaften - wie bei der Hamburger FLUWOG - nach Gutsherrenart!

    Dort ist der Vorstand bereits dazu übergegangen, kritische Mitglieder mit Sondermieterhöhungen zu überziehen.