Genmais: Neue Studie, alte Zweifel
Gentech-Befürwortern kommt eine neue Münchener Studie zum Genmais MON810 wie gerufen, um Bedenken gegen Gentechnik in der Landwirtschaft zurückzuweisen.
Die neue Studie der Technischen Universität München zum Genmais MON810 ist kein Freibrief für die Gentechnik in der Landwirtschaft. So bewerten Umweltschützer und Biobauern Forschungsergebnisse, wonach mit dem Gen-Mais MON810 gefütterte Kühe ganz normale Milch geben. "Andere Milch hatten wir nie erwartet", sagt der Chef des Bio-Dachverbandes BÖLW, Felix Prinz zu Löwenstein. "Der Hauptkritikpunkt an dem gentechnisch veränderten Mais bezieht sich auf die Umweltwirkung". Die hätten die Wissenschaftler aber nicht analysiert.
MON810 ist die einzige in der Europäischen Union zugelassene gentechnisch veränderte Pflanze. Sie produziert ein Protein, das die Raupe des Maiszünslers tötet. Mit MON810, so verspricht US-Hersteller Monsanto, könnten Bauern zugunsten der Umwelt künstliche Gifte gegen den Schädling einsparen. Gegner befürchten zum Beispiel, dass das Killerprotein auch andere Lebewesen und dem Menschen schadet. Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) überlegt deshalb derzeit, ob sie den Mais in Deutschland verbietet (siehe Kasten). Da kommt Gentech-Befürwortern in der CDU und FDP die Münchener Studie wie gerufen: Sie nutzen die Ergebnisse, um Bedenken gegen Gentechnik in der Landwirtschaft zurückzuweisen.
Für den Langzeitversuch ließ Molekularbiologe Heinrich Meyer 18 Milchkühe rund zwei Jahre mit großen Mengen MON810 füttern. Parallel bekamen weitere 18 Kühe genauso viel konventionelles Maisfutter. Weder im Blut der Versuchstiere noch in ihrer Milch ließen sich Reste des fremden Erbguts finden, wie Meyer berichtet. "Auch Milchleistung, Kondition und Gewicht waren bei allen 36 Tieren vergleichbar." Das Fazit der Forscher: Die Genmais-Milch ist keine Gefahr für die Gesundheit.
Kann man die Milch also ohne Bedenken trinken? Gentechnik-Experte Alexander Hissting von Greenpeace antwortet: "Das kommt darauf an, wie man seine Verantwortung als Verbraucher sieht. Ich persönlich achte als Konsument nicht nur auf mein Wohlbefinden, sondern dass auch sonst niemand zu schaden kommt."
Andere Studien zeigten aber, dass von Parasiten befallene Bienen empfindlich auf den Monsanto-Mais reagierten. Deshalb müsse untersucht werden, wie der Mais auf schwächere Lebewesen wirkt. Die bayerischen Wissenschaftler hätten aber kranke Kühe aus dem Versuch genommen. "Das ist ein Manko, und so ist die Studie auch nicht ganz praxisrelevant."
Auch schädigt und tötet das Gift des Maises dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zufolge nicht nur den Maiszünsler, sondern auch andere Schmetterlingsarten wie das Tagpfauenauge. Zudem ist für Umweltschützer trotz des Fütterungsversuchs unklar, wie ökologisch wichtige Bodenorganismen - etwa Spinnen und Fadenwürmer - mit MON810 klarkommen. Untersuchungen hätten gezeigt, dass sich das Gift des Maises sehr lange im Boden hält.
An der Münchner Studie bemängelt BUND-Expertin Heike Moldenhauer, dass die Wissenschaftler nicht die Kälber der mit MON810 gefütterten Kühe untersucht hätten. Dabei bekamen Mäuse laut Moldenhauer in einem Fütterungsversuch mit dem Mais weniger Nachkommen als normalerweise.
Auch andere wichige Kritikpunkte an Gensaaten sehen die Aktivisten durch die Studie nicht ausgeräumt. "Sie beantwortet nicht, was der Verzehr von MON810 mit Menschen macht", sagt Moldenhauer. Die Wissenschaftler stellen selbst fest, dass ihre Ergebnisse nur für diese und keinesfalls für alle transgenen Sorten gelten würden. Auch das Problem, dass Genmais konventionelle oder Bio-Nachbarfelder verschmutzt, bleibe trotz der Forschungsergebnisse bestehen, ergänzt Hissting.
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