: Gemeinsam hinter Grottian
Zur vierten Berliner Montagsdemonstration gegen Hartz IV kommen erneut rund zehntausend Menschen. Die richtig große Demo soll nun am 2. Oktober stattfinden
Eigentlich hat der linke Politologe Peter Grottian den Ruf des Polarisierers. Er überredet Leute zum Schwarzfahren, beteiligt sich an Störaktionen gegen die 40-Jahr-Feier der Unternehmensberatungsgesellschaft McKinsey und ruft zu Besetzungen der Arbeitsagenturen auf. Manchmal ist der FU-Professor aber auch der Schlichter. So wie gestern auf der vierten Montagsdemonstration gegen Hartz IV. Zweimal waren die beiden Bündnisse „Weg mit Hartz IV“ und „Montagsdemo gegen 2010“ getrennt voneinander marschiert. Gestern waren sie wieder vereint. Der Grund: Peter Grottian hatte sie wieder zusammengebracht. Zum Dank durfte er als gemeinsamer Anmelder auftreten.
Auf der wiedervereinigten Montagsdemo zogen dann gestern Abend erneut rund zehntausend Menschen vom Alexanderplatz zur SPD-Parteizentrale im Willy-Brandt-Haus. Unterwegs verwandelte sich die sonst eher dröge wirkende Leipziger Straße in ein kilometerlanges Fahnenmeer. Die Farbe Rot dominierte. Mindestens vier Lautsprecherwagen beschallten die Demonstranten mit Parolen und Demohits. Vom Bündniskrach der vergangenen zwei Male war nicht mehr viel zu spüren. Nur eine Gruppe von mutmaßlichen Neonazis wurde von Ordnern aus dem Demozug verwiesen, weil sie massenhaft T-Shirts verteilt hatte. Junge Demonstranten, die dort Eier verteilten, durften hingegen weiter mitlaufen.
Und noch ein Streit ist vom Tisch. Die mitgliederstarken Organisationen der Montagsdemonstrationen wie Gewerkschaften, PDS und Attac einigten sich gestern auf den 2. Oktober als Termin für eine bundesweite Anti-Hartz-Großdemonstration in Berlin. Die linke Splitterpartei MLPD (Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands) setzt zwar weiterhin auf den 3. Oktober, aber auch bei ihr mehren sich die Stimmen dafür, einen Tag vorher gegen Hartz IV auf die Straße zu ziehen.
Ob Grottian dann auch als Anmelder fungiert, steht noch nicht fest. Möglich ist es aber. Denn anders als einige Medien berichten, ermittelt die FU-Leitung nicht gegen ihren Uniprof. Die Berliner Zeitung hatte berichtet, dass der oberste Dienstherr ein Disziplinarverfahren anstrebe, weil der verbeamtete Grottian zu Aktionen des „zivilen Ungehorsams“ aufgerufen hatte (die taz berichtete). „Diese Meldung ist falsch“, sagte die persönliche Referentin des FU-Präsidenten, Ulrike Prechtl-Fröhlich. Und während der Demo bekam Grottian solidarische Unterstützung vom Lautsprecherwagen zugesagt. FELIX LEE