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Gemeinsam für die Sozialkarte

■ SozialstädträtInnen in allen Parteien einig: Aufwendige Einzelfallprüfung für ermäßigte BVG-Karte muß weg. Heute tagt Ausschuß des Rates der Bürgermeister

Die Bezirke sind bereit, die Kosten für die gestrichene BVG-Sozialkarte aus dem bezirklichen Sozialhilfeetat zu bezahlen. Im Gegenzug müsse jedoch die aufwendige Einzelfallprüfung für die verbilligte Fahrkarte entfallen. Auf diese gemeinsame Linie haben sich gestern vier Sozialstadträtinnen von CDU, SPD, Bündnisgrünen und PDS bei einem Gespräch bei der Staatssekretärin für Soziales, Verena Butalikakis (CDU), verständigt.

Zu einer Sondersitzung tritt heute der Ständige Ausschuß für Gesundheit und Soziales des Rates der Bürgermeister zusammen. „Wir müssen ein akzeptables Verfahren erarbeiten“, erklärte die stellvertretende Vorsitzende, Kreuzbergs Sozialstadträtin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). „Ich erwarte, daß alle aufeinander zugehen.“ Die BVG müsse beim Preis nachgeben und die Sozialsenatorin die Anweisung zur Einzelfallprüfung zurücknehmen.

Gegen das von den Bezirken favorisierte Verfahren, einen Pauschalbetrag für alle Sozialkartenberechtigten an die BVG abzuführen, gibt es in der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe noch Bedenken. Von einer Einzelfallprüfung verspricht man sich Einsparungen. Doch auch CDU- geführte Bezirke rechnen nach dem Wegfall der Sozialkarte mit Mehrkosten in Millionenhöhe. Die Bürgermeisterin von Reinickendorf, Marlies Wanjura (CDU), machte gestern unmißverständlich klar: „Wir sind nicht bereit, solche Scheinsparmaßnahmen abzusegnen.“

Die Einzelfallprüfung mache „personalpolitisch erhebliche Schwierigkeiten“, erklärte Wanjura. Bei 5.000 bis 6.000 Sozialkartenberechtigten in Reinickendorf käme auf die bereits jetzt überlasteten Mitarbeiter des Sozialamtes ein unvertretbarer Mehraufwand zu. Die CDU-Politikerin hatte den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen, ebenfalls CDU, in einem Brief gebeten, sich für eine „praktikable Lösung“ einzusetzen. „Wir werden mit den Anträgen nicht fertig“, erklärte Stadträtin Junge-Reyer. Derzeit müssen die Bezirke den Sozialhilfeempfängern, die bislang eine Sozialkarte bekamen, nach einer Einzelfallprüfung Einzelfahrscheine oder eine Umweltkarte bezahlen. 35 Mark muß der Sozialhilfeempfänger von seiner Sozialhilfe bezahlen, 58 Mark schießt der Bezirk hinzu. Die Einzelfallprüfung führe zu längeren Wartezeiten in den Sozialämtern, warnt die Personalvertretung im Bezirksamt Kreuzberg. In einem offenen Brief an Diepgen wehren sich auch die MitarbeiterInnen des Kreuzberger Sozialamtes dagegen, die Folgen einer Fehlentscheidung ausbaden zu müssen. Dorothee Winden

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